14. Oktober 2024

Aufbruch – oder Niedergang?

Es war, meine ich, Franz Josef Strauß, der seinerzeit den Satz prägte: „Alles, was die Sozialdemokraten vom Geld verstehen, ist, dass sie es von anderen Leuten haben wollen.“ Was damals überzeichnet schien und zwischenzeitlich durch einen Kanzler wie Gerhard Schröder auch mal widerlegt wurde, wird gerade vom SPD-Kanzlerkandidaten Scholz mit neuem Leben gefüllt. Klar ist: Sollten SPD und Grüne gemeinsam regieren, werden die Steuern und Abgaben kräftig erhöht: Einkommensteuer, Vermögenssteuer, CO2-Preis und anderes mehr. Der Spitzensteuersatz greift gegenwärtig ab 58 500 Euro – er soll weiter steigen für solche Einkommen, die schon ein Facharbeiter leicht erreichen kann. Vergleicht man die Wahlprogramme (denen weichkonturierte Inhaltslosigkeit nur vorwerfen kann, wer sie nicht gelesen hat), wird auch klar, warum das so ist: Nahezu alle Wahlversprechen von SPD und Grünen (und der Linken sowieso) haben mit staatlichem Geldausgeben zu tun und neuen Belastungen der Wirtschaft: Höherer Mindestlohn, höhere Renten, Erweiterung der Sozialleistungen und, und, und… Selbst eine Regierungsbeteiligung der FDP in einer „Deutschlandkoalition“ würde dagegen wenig ausrichten können. Und das in einer Lage, die Wolfgang Reitzle, einer der erfahrensten Manager der Republik, eben so beschrieben hat: „Man fragt sich: Wo sind wir eigentlich überhaupt noch führend? – Ganz sicher bei Steuern, Umverteilung und beim Strompreis. Und genau dafür haben einige Parteien konkrete Pläne, diese Führungsposition weiter auszubauen.“

Wie man eine Volkswirtschaft und ihre Arbeitnehmer, ihre kleinen und großen Unternehmer, ihren Mittelstand, ihre Industrie aber instand setzt, mehr Geld zu verdienen (und damit mehr Steueraufkommen zu generieren) – davon sprechen nur die Union und die Freien Demokraten. Sie vertrauen auf die Stärkung der inneren Kräfte einer Volkswirtschaft, auf die Erfindungskraft und den Fleiß ihrer Arbeitnehmer und Unternehmer. Sie wollen Steuern für den Mittelstand senken und Bürokratie abbauen, Genehmigungsverfahren beschleunigen, Arbeitsplätze schaffen. Das ist der einzig erfolgversprechende, aber mühsamere Weg: er hat mit Arbeit zu tun. Dennoch: Nur so bekämpft man Armut, nicht durch die Erhöhung der Sozialhilfe-Sätze. Für die Zukunft Deutschlands macht das den ersten gewaltigen Unterschied zwischen dem bürgerlichen und dem linken Lager.

Die zweite Differenz: die Klima- und Energiepolitik. Ein realistischer Blick, der den Grünen vollends verloren gegangen ist, sagt: Deutschland wird mit seinem ganz geringen Anteil an den Emissionen klimaschädlicher Gase das Weltklima nicht retten können – auch dann nicht, wenn wir die gesamte Wirtschaft außer Betrieb setzten. Die sozialen Verwerfungen wären gigantisch, die folgende Staatsarmut auch, die geopolitischen Folgen für Deutschland und die Europäische Union katastrophal. Insofern ist es ein grobes Verschulden, dass kaum eine Partei sich getraut hat, in diesem Wahlkampf offen anzusprechen, dass es jetzt vor allem um die Frage gehen muss, wie wir mit der unausweichlichen Erderwärmung klar kommen – wirtschaftlich, medizinisch, sozial, ökologisch. Die Rezepte einer realistischen nachvollziehbaren Anpassungsstrategie fehlen, müssen aber rasch gefunden werden. Am deutlichsten hat immerhin Armin Laschet darauf hingewiesen, dass wir uns bei der Klimapolitik vor Illusionen hüten sollten und hat auf den dringlichen Aufbau einer weltweit organisierten Wasserstoffwirtschaft hingewiesen, der schon viel zu lange verschleppt wird.

Also: Es geht um viel bei den anstehenden Wahlen. Es ist nicht egal, wer die künftige Regierung bildet. Die Alternative lautet: Aufbruch in eine freiheitlich organisierte Moderne – oder Niedergang mit überlebten sozialistischen Ideen und ökologischer Drangsal. Es ist wichtig, zur Wahl zu gehen.

Von wahren und falschen Zitaten

Ich bin aus vielen guten Gründen kein Grünen-Wähler. Als Journalist finde ich aber die politische Auseinandersetzung mit falschen Zitaten inakzeptabel. Solche sind gegenwärtig im Internet unterwegs, um Politiker der GRÜNEN zu diskreditieren. Manche stimmen, manche nicht. Das Recherchekombinat „Correctiv“ (im Folgenden: „wir“) hat sie überprüft, hier sind die Ergebnisse zusammengefasst. 

1. Cigdem Akkaya, Die Grünen
Ehem. stellvertretende Direktorin des Essener Zentrums für Türkeistudien:

„Die Leute werden endlich Abschied nehmen von der Illusion, Deutschland gehöre den Deutschen.“
Fazit: Richtig wiedergegebenes Zitat

Das Zitat haben wir bereits im Januar 2019 in einem Faktencheck geprüft. Çigdem Akkaya hat den Satz nach eigenen Angaben in einem Interview Ende der 90er-Jahre so gesagt. Allerdings fühlt sie sich falsch verstanden und betont, dass sie meinte, Rechtsradikale müssten sich von der Illusion verabschieden, Deutschland gehöre nur den Deutschen.

2. Margarete Bause MdB, Die Grünen

„Nur weil jemand vergewaltigt, beraubt oder hoch kriminell ist, ist das kein Grund zur Abschiebung. Wir sollten uns stattdessen seiner annehmen und ihn akzeptieren, wie er ist. Es gibt Menschenrechte.“
Fazit: Falsches Zitat von Margarete Bause

Über dieses falsche Zitat haben wir bereits im September berichtet. Margarete Bause hat 2018 Strafanzeige gegen einen mutmaßlichen Urheber des Falschzitats gestellt. 

3. Stefanie von Berg, Die Grünen:
Bezirksamtsleiterin des Bezirks Hamburg-Altona

„Es ist gut so, dass wir Deutsche bald in der Minderheit sind.“
Fazit: Das Zitat ist nicht belegbar.

Die Grünen-Politikerin Stefanie von Berg hielt nach Recherchen des österreichischen Faktencheck-Vereins Mimikama im November 2015 eine Rede in der Hamburgischen Bürgerschaft, in der es um die Beschulung von Flüchtlingen ging. Zu Beginn ihrer Rede sagte die Politikerin demnach: „Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, unsere Gesellschaft wird sich ändern, unsere Stadt wird sich radikal verändern, ich bin der Auffassung, dass wir in 20, 30 Jahren gar keine ethnischen Mehrheiten mehr haben in unserer Stadt. Das ist auch das was Migrationsforscher und Forscherinnen sagen: wir werden in einer Stadt leben, in der es – einfach gesagt – dass unsere Stadt davon lebt, dass wir ganz viele verschiedene Ethnien haben – ganz viele Menschen – dass wir eine superkulturelle Gesellschaft haben. Das ist das, was wir haben werden in der Zukunft. Und ich sage Ihnen auch ganz deutlich, gerade in Richtung rechts: das ist gut so!“ 

Die Rede ist öffentlich auf Youtube für jeden zugänglich. Das angebliche Zitat aus der Behauptung („Es ist gut so, daß wir Deutsche bald in der Minderheit sind“) hört man dort nicht.


4. Daniel Cohn-Bendit, Die Grünen

„Wir, die Grünen, müssen dafür sorgen, so viele Ausländer wie möglich nach Deutschland zu holen. Wenn sie in Deutschland sind, müssen wir für ihr Wahlrecht kämpfen. Wenn wir das erreicht haben, werden wir den Stimmenanteil haben, den wir brauchen, um diese Republik zu verändern.“
Fazit: Keine Belege für dieses Zitat

Zu diesem angeblichen Zitat haben wir im Januar 2019 einen Faktencheck veröffentlicht. Weder wir noch andere Medien wie Der Westen und Focus konnten Belege für dieses Zitat finden. 


5. Nargess Eskandari-Grünberg, Die Grünen

“Migration ist in Frankfurt eine Tatsache. Wenn Ihnen das nicht passt, müssen Sie woanders hinziehen.“
Fazit: Richtiges Zitat von Nargess Eskandari-Grünberg (Grüne)

Mit diesem Satz wird die Grünen-Politikerin Nargess Eskandari-Grünberg in einem zwölf Jahre alten Artikel der Frankfurter Rundschau zitiert. Darin berichtet die Autorin des Artikels, dass diese Aussage von Eskandari-Grünberg im November 2007 in einer Sitzung des Bildungs- und Integrationsausschusses in Frankfurt gefallen sei. Damit habe die damalige Stadtverordnete auf einen Bürger reagiert, „der sich in der Sitzung zum geplanten Moscheebau in Hausen geäußert und die Zahl von Migrantenkindern an Schulen des Stadtteils kritisiert hatte“. Ihre Aussage sei laut Frankfurter Rundschau anschließend unter anderem durch „Vertreter der Bürgerinitiative gegen den Moschee-Bau“ kritisiert worden. Die Politikerin habe auf die Kritik wiederum mit folgendem Satz reagiert: „Ich wollte damit zum Ausdruck bringen wollen, dass Einwanderer zu Frankfurt gehören.“ Das haben wir bereits im Mai 2019 in einem Faktencheck thematisiert.

6. Joschka Fischer, Die Grünen


„Deutschland muss von (…) innen durch Zustrom heterogenisiert, quasi verdünnt werden.“ (Rezension seines Buches „Risiko Deutschland“)
Fazit: Falsches Zitat von Joschka Fischer

Der Satz stammt nicht von Joschka Fischer, sondern ist eine Einordnung der Journalistin Mariam Lau. Wir haben darüber bereits in einem Faktencheck im Januar 2019 berichtet. 

„Deutsche Helden müsste die Welt, tollwütigen Hunden gleich, einfach totschlagen.“
Fazit. Richtiges Zitat von Joschka Fischer.

In dem offenen Brief wird für dieses angebliche Zitat keine Quelle genannt. Wer im Internet nach dem Satz sucht, stößt immer wieder auf folgende Quellenangabe: Pflasterstrand, 1982. Unter anderem bei Wikiquote.

Wir haben im Duisburger Archiv für alternatives Schrifttum die Ausgaben der Frankfurter Zeitschrift Pflasterstrand aus dem Jahr 1982 überprüft. Tatsächlich schrieb Fischer den Satz in der 133. Ausgabe von Pflasterstrand im Jahr 1982 in einem Beitrag mit der Überschrift „Ein Deutscher auf großer Feindfahrt – Eine Antipolemik zu Karl Heinz Bohrer“ auf Seite 12-14. 

Fischer schrieb diesen Satz im Kontext seiner Feststellung, kein anderes Volk Europas habe auf „diesem Kontinent in der Moderne einen rassistischen Vernichtungskrieg geführt […], keines solche Verbrechen begangen, wie das deutsche in den Jahren zwischen 1933 und 1945.“ 

Ein Bild, das Text enthält.

Automatisch generierte Beschreibung

Auszug aus Joschka Fischers Beitrag in der Zeitschrift Pflasterstrand. (Foto: CORRECTIV)

Fazit: Richtiges Zitat von Joschka Fischer. 

“Es geht nicht um Recht oder Unrecht in der Einwanderungsdebatte, uns geht es zuerst um die Zurückdrängung des deutschen Bevölkerungsanteils in diesem Land.”
Fazit: Unbelegtes Zitat

In dem öffentlichen Brief taucht dieses angebliche Zitat zweimal auf. Einmal wird es in der Liste Joschka Fischer zugeschrieben, einmal Jürgen Trittin. 

Schon in der Vergangenheit wurde dieses Zitat fälschlicherweise Jürgen Trittin in den Mund gelegt. Demnach sollte Trittin den Satz angeblich in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung am 2. Januar 2005 gesagt haben. Nur: Ein solches Interview hat nie stattgefunden. Darüber haben wir in zwei Faktenchecks im Januar 2019 und in einem Faktencheck im Juni 2019 berichtet. 

Dafür, dass die Aussage angeblich von Joschka Fischer stammt, wird keine Quelle genannt. Wir konnten bei unseren Recherchen unter anderem im Google-News-Archiv keine Belege finden, dass er diesen Satz gesagt hat. 

7. Sieglinde Frieß, Die Grünen
Stv. Landesbezirksleiterin Verdi in Hamburg:

„Ich wollte, dass Frankreich bis zur Elbe reicht und Polen direkt an Frankreich grenzt.“
Fazit: Aus dem Kontext gerissenes Zitat

Im Plenarprotokoll des Deutschen Bundestages vom 5. September 1989 können alle Interessierten auf Seite 11758 nachlesen, was Frieß genau gesagt hat. Dem Protokoll zufolge sagte sie: 

„Wir fordern erstens die konsequente Absage an jegliche Großmachtsbestrebungen, zweitens die Anerkennung der DDR und der DDR-Staatsbürgerschaft und drittens eine grundsätzlich andere Politik für Immigrantinnen bzw. Immigranten und Flüchtlinge, um in Zukunft das zu verhindern, was derzeit noch Wahres in dem Zitat von Wolfgang Neuss steckt, den ich zum Schluss zitieren will: 

„Das Beste 
Es läßt mich nicht ruhen: Wie kann ich wirklich was für Europa tun? Und wenn Du mich einen Landesverräter nennst — das Beste wäre für Europa, wenn Frankreich bis an die Elbe reicht
 und Polen direkt an Frankreich grenzt.“

8. Katrin Göring-Eckardt, Die Grünen

„Natürlich gehört der Islam zu Deutschland, und natürlich gehören Muslime zu Deutschland. Und ich finde, darüber können wir ganz schön froh sein. Es wäre sehr langweilig, wenn wir nur mit uns zu tun hätten.“
Fazit: Richtig wiedergegebenes Zitat von Katrin Göring-Eckardt

Den Hintergrund dieses Zitats haben wir in einem Faktencheck im Juni 2019 recherchiert. Katrin Göring-Eckardt sagte den Satz in einem Interview in der RBBRadio-Eins-Sendung „Der Kandidatencheck“ am 18. September 2017. Online kann man das Radiointerview nachhören. Ab Minute 9:55 sagt Katrin Göring-Eckardt den zitierten Satz.

„Die sexuellen Übergriffe in Schorndorf lassen sich zwar keineswegs entschuldigen, aber sie zeigen einen Hilferuf der Flüchtlinge, weil sie zu wenig von deutschen Frauen in ihren Gefühlen respektiert werden.“
Fazit: Falsches Zitat von Katrin Göring-Eckardt 

Auf eine Presseanfrage von CORRECTIV teilte der Pressesprecher der Grünen im Bundestag uns in einer E-Mail am 19. September 2019 mit: „Dieses Zitat ist falsch. Frau Göring-Eckardt hat sich erfolgreich juristisch gegen die Verbreitung gewehrt.“ Wir fanden zudem keinen Hinweis darauf, dass Göring-Eckardt den Satz gesagt hat.

Tatsächlich bestätigte das Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung gegen das Verbreiten des Zitates am 22. September 2017. Darüber berichteten an dem Tag auch mehrere Medien. Das Westfalen-Blatt titelte: „Gericht verbietet der AfD Verbreitung von angeblichem Grünen-Zitat“. Der Bayerische Rundfunk ergänzte einen Artikel mit einem Update zum Urteil. 

Unser Land wird sich ändern, und zwar drastisch. Und ich freue mich darauf.“

Fazit: Richtiges Zitat von Katrin Göring-Eckardt

Wie in einem Youtube-Videodes offiziellen Kanals der Grünen zu sehen ist, sagte Katrin Göring-Eckardt den zitierten Satz (ab Minute 9:30) auf einem Parteitag der Grünen.

9. Robert Habeck, Die Grünen:

„Vaterlandsliebe fand ich stets zum Kotzen. Ich wusste mit Deutschland noch nie etwas anzufangen und weiß es bis heute nicht.“
Fazit: Richtig wiedergegebenes Zitat von Robert Habeck 

Das Zitat stammt aus dem Buch „Patriotismus – Ein linkes Plädoyer“ Robert Habecks. Das haben wir in einem Faktencheck im Juni 2019 recherchiert. In den Zeilen unmittelbar vor dem zitierten Satz schreibt er: „Als Adressat und Verbindung zwischen den Gegensätzen zwischen ‘Liberalität’ und ‘Paternalismus’, zwischen ‘verantwortungsvoll’ und ‘kreativ’, zwischen ‘Bürger’ und ‘Konsument’ braucht man ein positives Gesellschaftsverständnis. […] Man braucht eine Erzählung, die auf Veränderung setzt, auf Gerechtigkeit und Internationalität. Dieses Engagement nenne ich einen ‘linken Patriotismus’.“

10. Petra Klamm-Rothberger, Die Grünen:

„In der Heimat des Täters werden vergewaltigte Frauen zum Tode verurteilt. Deshalb musste er sie nach der Vergewaltigung töten. Für diese kulturellen Unterschiede müssen wir Verständnis haben.“
Fazit: Falsches Zitat von erfundener Politikerin Petra Klamm-Rothberger

Den Hintergrund dieses Zitats haben wir in einem Faktencheck im Januar 2019 recherchiert. Es ist frei erfunden. Eine Grünen-Politikerin mit dem Namen „Petra Klamm-Rothberger“ gibt es nicht. Das Foto stammt aus einer frei zugänglichen Bilddatenbank. Die Falschmeldung entstammt einem Projekt der Satiresendung „Bohemian Browser Ballett”.

11. Renate Künast, Die Grünen

„Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher mal türkisch lernen!“
Fazit: Das Zitat ist frei erfunden. 

Den Hintergrund haben wir in einem Faktencheck im Januar 2019 recherchiert. Alles begann mit einem Auftritt von Renate Künast vor knapp neun Jahren. 

Am 30. August 2010 war Künast zu Gast in der Fernseh-Gesprächsrunde „Beckmann“ der ARD, unter anderem zusammen mit Thilo Sarrazin und Aygül Özkan. Die Aufzeichnung der Diskussion war bis Januar 2019 als Webvideo verfügbar und konnte von uns geprüft werden. Ab Minute 1:46:53 sagte Renate Künast zu Thilo Sarrazin: „Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher sich ihren Namen mal merken.“ Sarrazin hatte zuvor Aygül Özkan mit einem falschen Nachnamen angesprochen. Heute ist das Video nicht mehr abrufbar, weil der öffentlich-rechtliche Rundfunk Inhalte nur begrenzte Zeit online stellen darf.

2015 stellte Renate Künast in einem Facebookpost klar, was sie gesagt habe und was nicht. „Seit einiger Zeit gibt es eine Kampagne, die behauptet, ich hätte gesagt, Integration beginne damit, dass wir alle erstmal türkisch lernten. Diese Aussage habe ich nicht gemacht“, schrieb die Politikerin.

12. Aydan Özoguz, SPD (!), 
Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration:

„Dass Asylbewerber kriminell werden, auch unter Umständen Raub begehen, das ist einzig und allein die Schuld der Deutschen, weil deren Spendenbereitschaft sehr zu wünschen übrig lässt.“
Fazit: Falsches Zitat

Den Hintergrund dieses Zitats haben wir in einem Faktencheck im März 2019 recherchiert. Es gibt keine Quelle oder Belege dafür, dass Özoğuz die Aussage so getroffen hat.



13. Cem Özdemir, Die Grünen:

„Der deutsche Nachwuchs heißt jetzt Mustafa, Giovanni und Ali!” 
Fazit: Richtiges Zitat

Auf seiner eigenen Webseite wiederholt Cem Özdemir das Zitat und schreibt dazu: „Der skandalisierte Satz ist übrigens verkürzt und aus dem Zusammenhang gerissen – aber sonst wäre er auch noch unspektakulärer, als er ohnehin schon ist.“


14. Claudia Roth, Die Grünen:

„Die Vorfälle am Kölner Bahnhof kann man als Hilferuf aller Flüchtlinge werten, weil sie sich von deutschen Frauen sexuell ausgegrenzt fühlen.“
Fazit: Falsches Zitat.

Auf eine Presseanfrage von CORRECTIV antwortete eine Pressesprecherin von Claudia Roth uns in einer E-Mail am 19. September 2019: „Das Zitat ist frei erfunden. Und wir sind bisher nicht juristisch dagegen vorgegangen (schlicht, weil wir uns davon wenig Erfolg versprechen).“ Auch unsere Recherche lieferte keine Hinweise auf ein solches Zitat von Claudi Roth. Quellen für das angebliche Zitat werden im offenen Brief nicht genannt. 



„Am Nationalfeiertag der Deutschen ertrinken die Straßen in einem Meer aus roten Türkenflaggen und ein paar schwarzrotgoldenen Fahnen.”
Fazit: Falsches Zitat.

Den Hintergrund dieses Zitats haben wir in einem Faktencheck im Januar 2019 recherchiert. Der Satz stammt nicht von Claudia Roth, sondern von dem Welt-Redakteur Heimo Schwilk.

15. Jürgen Trittin, Die Grünen
„Es geht nicht um Recht in der Einwanderungsdebatte, uns geht es zuerst um die Zurückdrängung des deutschen Bevölkerungsanteils in diesem Land.“
Fazit: Falsches Zitat.

Den Hintergrund dieses Zitats haben wir in einem Faktencheck im Januar 2019 recherchiert. Nach Recherchen der Braunschweiger Zeitung ist es frei erfunden. 


16. Arif Ünal, die Grünen:

Die Abschaffung der Eidesformel 
„Zum Wohle des deutschen Volkes” wird im NRW-Landtag einstimmig beschlossen. 
Ünal war der Antragsteller.


Tatsächlich sprach sich Arif Ünal als Abgeordneter der Grünen am 9. Juni 2010 im NRW- Landtag für die Änderung der damaligen Eidesformel aus. Laut Protokoll sagte er: „Aber nach der bisherigen Fassung der Erklärung des § 2 Abs. 1 der Geschäftsordnung haben wir uns eben verpflichtet, uns dem Wohle des deutschen Volkes zu widmen. Dieser Wortlaut spiegelt allerdings nicht die Lebensrealität in NRW mit 2 Millionen Menschen wider, die keinen deutschen Pass haben.“ 

Geändert wurde die Eidesformel in NRW nach mehrjähriger Beratung aber erst 2016. Auf der Webseite der Parlamentsdatenbank steht: „Der Antrag – Drucksache 16/13553 – wurde einstimmig angenommen.“ Die Eidesformel lautet nun: „Die Mitglieder des Landtags von Nordrhein-Westfalen bezeugen vor dem Lande, dass sie ihre ganze Kraft dem Wohle des Landes Nordrhein-Westfalen widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, die übernommene Pflicht und Verantwortung nach bestem Wissen und Können erfüllen und in der Gerechtigkeit gegenüber jedem Menschen dem Frieden dienen werden.

Söder und die Demoskopie

Im Kampf um die Kanzlerkandidatur der CDU hat Markus Söder eigentlich (mangels anderer Erfolge) nur ein Argument: Momentan bessere Umfragewerte. Demoskopische Ergebnisse (im folgenden Zahlen aus dem ZDF-Politbarometer) sind freilich nichts anderes als Momentaufnahmen. Sie widerspiegeln momentane Stimmungen, die durch Ereignisse oder mediale Prozesse erzeugt werden und sich rasch fundamental ändern können. Wozu sie nicht taugen: An ihnen lässt sich nicht bemessen, wie Wahlereignisse in einigen Monaten ausgehen werden.

Ein Beispiel: Markus Söder und die Landtagswahl im Oktober in Bayern 2018 – die erste, die er als Spitzenkandidat zu verantworten hatte. Ende April 2018 noch sagten die Demoskopen der CSU ein Ergebnis von 44 Prozent voraus. Das tatsächliche Wahlergebnis: 37,2 Prozent – damit fuhr Markus Söder das schlechteste Landtagswahl-Ergebnis für die CSU seit 1950 ein, als sie nur 27,4 Prozent erreichte.

Ein weiteres Beispiel: Angela Merkel im Jahr 2005. Noch im August war Gerhard Schröder ihr in allen Werten weit voraus: Sympathie 49:24, Durchsetzungsfähigkeit 37:33, Sachverstand 28:23, Regierungsführung 32:26. Nur in einem Wert stach sie den SPD-Konkurrenten aus, nämlich bei der Frage, wer eher für neue Arbeitsplätze stehe: Nur 6 % für Schröder, 30 Prozent für Merkel. Das war 2005 eine überaus wichtige Frage. Das zog. Merkel wurde Kanzlerin und ist es bis heute.

Zwölf Jahre später: 2017 lag Angela Merkel noch im Februar bei der K-Frage im ARD-Deutschlandtrend deutlich hinter ihrem Konkurrenten Martin Schulz zurück: 50 Prozent für Schulz, 34 Prozent für Merkel. Sie blieb Kanzlerin.

Das Beispiel belegt: Es werden am Ende nicht Personen gewählt, sondern inhaltliche Programme für wichtige Probleme. Das macht auch demoskopische Umfrageergebnisse aus. Ein Blick auf die CDU/CSU zeigt das, etwa bei der „Sonntagsfrage“: „Wen würden Sie wählen, wenn schon am nächsten Sonntag Bundestagswahlen wären? Hier eine Zahlenreihe:

                            CDU/CSU          SPD                    Grüne

9.11.2018          27                        14                        22

6.3. 2020           26                        16                      23

Dann kam die Pandemie. Da war die Frage „Wer rettet uns?“ wieder von hohem Gewicht. Alle hofften auf die Kanzlerin und stattete sie mit entsprechenden Hoffnungswerten aus:

29.5.2020          39                        15                        19

Starkes Handeln und starke Ansagen wurden belohnt. Etwa bei Jens Spahn: Von ihm hatten im Januar 2020 noch 25 % eine „gute Meinung“, im November waren das schon 52 %. 

Markus Söders markige Worte hatten ähnliche Wirkung: 56 Prozent glauben noch heute, er sei kanzlergeeignet, deutlich mehr als die Werte aller Konkurrenten. Der Grund: Er konnte mit entschlossenem Blick den medialen Eindruck erzeugen, er sei in der Corona-Krise ein starker, erfolgreicher Manager gewesen. Dem ist freilich nicht so. Tatsächlich sehen die Zahlen mit Stand vom 15. April 2021, also ganz aktuell, so aus:

              Inzidenz per 15.4.      Einwohner         Todesfälle/Cor.       % zur Einwohnerzahl

NRW         158,6                           17,94 Mio           14 761                       0,082

Bayern      178,4                           13,124                 13 657                       0,104

Wenn man mit solchen Zahlen auch keinen Wettbewerb machen soll: Jedenfalls täuscht der oft behauptete Eindruck, Bayerns Corona-Management sei erfolgreicher als das in anderen Bundesländern – das Gegenteil ist richtig. 

Gegenwärtig ist die Erwartung, dass wir im Herbst ins normale Leben zurückkehren, in die demoskopischen Ergebnisse wieder eingepreist, zugleich schlägt sich die Ungeduld der Bürger über das gemächliche Tempo, das die Politik hier vorgibt, nieder. Die Zahlen sind ziemlich genau wieder dorthin zurückgekehrt, wo sie vor der Pandemie waren.

                            CDU/CSU          SPD          AfD            FDP           Grüne

26.3.2021          28                        15              12              9                23

Und auch in Bayern gehen die Zustimmungen zu Söder zurück: Mitte Februar lag die CSU dort noch (Sonntagsfrage) bei 47 Prozent, Ende März sind es nur noch 40 %. 

Bei der Bundestagswahl 2021 wird vom Wähler nach vorne geblickt werden, und die drängendste Frage im Wahlkampf lautet: Wer bringt Wirtschaft und Finanzen wieder in Ordnung, die von der Pandemie schwer beschädigt wurden? Die Union hat hier unverändert die höchste Kompetenzvermutung. Gewählt werden in erster Linie zukunftswichtige politische Programme. 

Da wäre es eine grobe Fehleinschätzung, zu glauben, ein solistischer „sexy“ Wahlkampf rund um eine Person führe zum Erfolg. Vielmehr geht es um ein glaubwürdiges Wirtschafts-, Finanz- und Umweltprogramm für Deutschland und die Frage, wer die dazu notwendige Kompetenz mitbringt bzw. am besten integrativ organisieren kann. 

Das verweist auf Armin Laschet. Er bringt als Ministerpräsident in NRW gerade erfolgreich den Strukturwandel (der auch in Deutschland notwendig ist) auf den Weg, er hat breite Erfahrung als Abgeordneter im Europaparlament, im Bundestag, im Landtag, als Minister und nun als Ministerpräsident. Sein nationales und internationales Kontaktnetzwerk ist ein Garant für souveräne Arbeit als Regierungschef. Ein gemeinsamer Wahlkampf mit ihm – wenn die Unionsparteien sich auf die Herausforderungen der Zukunft konzentrieren und geschlossen agieren, statt sich mit sich selbst zu beschäftigen, ist das die beste Voraussetzung für ihren Erfolg.

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