Im Kampf um die Kanzlerkandidatur der CDU hat Markus Söder eigentlich (mangels anderer Erfolge) nur ein Argument: Momentan bessere Umfragewerte. Demoskopische Ergebnisse (im folgenden Zahlen aus dem ZDF-Politbarometer) sind freilich nichts anderes als Momentaufnahmen. Sie widerspiegeln momentane Stimmungen, die durch Ereignisse oder mediale Prozesse erzeugt werden und sich rasch fundamental ändern können. Wozu sie nicht taugen: An ihnen lässt sich nicht bemessen, wie Wahlereignisse in einigen Monaten ausgehen werden.
Ein Beispiel: Markus Söder und die Landtagswahl im Oktober in Bayern 2018 – die erste, die er als Spitzenkandidat zu verantworten hatte. Ende April 2018 noch sagten die Demoskopen der CSU ein Ergebnis von 44 Prozent voraus. Das tatsächliche Wahlergebnis: 37,2 Prozent – damit fuhr Markus Söder das schlechteste Landtagswahl-Ergebnis für die CSU seit 1950 ein, als sie nur 27,4 Prozent erreichte.
Ein weiteres Beispiel: Angela Merkel im Jahr 2005. Noch im August war Gerhard Schröder ihr in allen Werten weit voraus: Sympathie 49:24, Durchsetzungsfähigkeit 37:33, Sachverstand 28:23, Regierungsführung 32:26. Nur in einem Wert stach sie den SPD-Konkurrenten aus, nämlich bei der Frage, wer eher für neue Arbeitsplätze stehe: Nur 6 % für Schröder, 30 Prozent für Merkel. Das war 2005 eine überaus wichtige Frage. Das zog. Merkel wurde Kanzlerin und ist es bis heute.
Zwölf Jahre später: 2017 lag Angela Merkel noch im Februar bei der K-Frage im ARD-Deutschlandtrend deutlich hinter ihrem Konkurrenten Martin Schulz zurück: 50 Prozent für Schulz, 34 Prozent für Merkel. Sie blieb Kanzlerin.
Das Beispiel belegt: Es werden am Ende nicht Personen gewählt, sondern inhaltliche Programme für wichtige Probleme. Das macht auch demoskopische Umfrageergebnisse aus. Ein Blick auf die CDU/CSU zeigt das, etwa bei der „Sonntagsfrage“: „Wen würden Sie wählen, wenn schon am nächsten Sonntag Bundestagswahlen wären? Hier eine Zahlenreihe:
CDU/CSU SPD Grüne
9.11.2018 27 14 22
6.3. 2020 26 16 23
Dann kam die Pandemie. Da war die Frage „Wer rettet uns?“ wieder von hohem Gewicht. Alle hofften auf die Kanzlerin und stattete sie mit entsprechenden Hoffnungswerten aus:
29.5.2020 39 15 19
Starkes Handeln und starke Ansagen wurden belohnt. Etwa bei Jens Spahn: Von ihm hatten im Januar 2020 noch 25 % eine „gute Meinung“, im November waren das schon 52 %.
Markus Söders markige Worte hatten ähnliche Wirkung: 56 Prozent glauben noch heute, er sei kanzlergeeignet, deutlich mehr als die Werte aller Konkurrenten. Der Grund: Er konnte mit entschlossenem Blick den medialen Eindruck erzeugen, er sei in der Corona-Krise ein starker, erfolgreicher Manager gewesen. Dem ist freilich nicht so. Tatsächlich sehen die Zahlen mit Stand vom 15. April 2021, also ganz aktuell, so aus:
Inzidenz per 15.4. Einwohner Todesfälle/Cor. % zur Einwohnerzahl
NRW 158,6 17,94 Mio 14 761 0,082
Bayern 178,4 13,124 13 657 0,104
Wenn man mit solchen Zahlen auch keinen Wettbewerb machen soll: Jedenfalls täuscht der oft behauptete Eindruck, Bayerns Corona-Management sei erfolgreicher als das in anderen Bundesländern – das Gegenteil ist richtig.
Gegenwärtig ist die Erwartung, dass wir im Herbst ins normale Leben zurückkehren, in die demoskopischen Ergebnisse wieder eingepreist, zugleich schlägt sich die Ungeduld der Bürger über das gemächliche Tempo, das die Politik hier vorgibt, nieder. Die Zahlen sind ziemlich genau wieder dorthin zurückgekehrt, wo sie vor der Pandemie waren.
CDU/CSU SPD AfD FDP Grüne
26.3.2021 28 15 12 9 23
Und auch in Bayern gehen die Zustimmungen zu Söder zurück: Mitte Februar lag die CSU dort noch (Sonntagsfrage) bei 47 Prozent, Ende März sind es nur noch 40 %.
Bei der Bundestagswahl 2021 wird vom Wähler nach vorne geblickt werden, und die drängendste Frage im Wahlkampf lautet: Wer bringt Wirtschaft und Finanzen wieder in Ordnung, die von der Pandemie schwer beschädigt wurden? Die Union hat hier unverändert die höchste Kompetenzvermutung. Gewählt werden in erster Linie zukunftswichtige politische Programme.
Da wäre es eine grobe Fehleinschätzung, zu glauben, ein solistischer „sexy“ Wahlkampf rund um eine Person führe zum Erfolg. Vielmehr geht es um ein glaubwürdiges Wirtschafts-, Finanz- und Umweltprogramm für Deutschland und die Frage, wer die dazu notwendige Kompetenz mitbringt bzw. am besten integrativ organisieren kann.
Das verweist auf Armin Laschet. Er bringt als Ministerpräsident in NRW gerade erfolgreich den Strukturwandel (der auch in Deutschland notwendig ist) auf den Weg, er hat breite Erfahrung als Abgeordneter im Europaparlament, im Bundestag, im Landtag, als Minister und nun als Ministerpräsident. Sein nationales und internationales Kontaktnetzwerk ist ein Garant für souveräne Arbeit als Regierungschef. Ein gemeinsamer Wahlkampf mit ihm – wenn die Unionsparteien sich auf die Herausforderungen der Zukunft konzentrieren und geschlossen agieren, statt sich mit sich selbst zu beschäftigen, ist das die beste Voraussetzung für ihren Erfolg.