Daniel Günther – der Ministerpräsident Schleswig-Holsteins – ist ein ruhiger, kluger Politiker. Er ist nicht überheblich, denkt in Perspektiven und stellt die gemeinsame Sache vor das Ich. Das alles teilt er mit Armin Laschet – einem Politiker, der nicht wie der personifizierte politische Messias durch die Lande läuft, sondern Statur im Amt gewonnen hat durch eine solide Verlässlichkeit, die gerade in komplizierten politischen Zeiten vonnöten ist.
Günther hat nun (erschienen am 7. November 2020) ein Interview gegeben, in dem er zur Lage der CDU und dem Wettbewerb um den Parteivorsitz Stellung bezieht. Den Umstand, dass der Wahl-Parteitag wegen Corona schon mehrfach verschoben werden mussten, nahm der Kandidat Friedrich Merz bekanntermaßen persönlich und witterte dahinter eine Verschwörung des „Establishments“ der Partei gegen ihn. Günther dazu: „Die Worte und die Unterstellungen waren heftig. Das hatte wenig damit zu tun, wie wir in einer christlichen Partei miteinander umgehen.“ Und wenn der Parteitag – bisher für den 16. Januar geplant – erneut verschoben würde? „Ich verspüre keinen zeitlichen Druck. Deutschland könnte gut damit leben, wenn die Führungsfrage nicht sofort beantwortet wird. Die Vorsitzendenwahl ist nicht das Thema, das die Menschen am meisten bewegt. Das zeigt auch die geringe Beteiligung am Mitgliederentscheid der Jungen Union.“
Die Zukunft der CDU beschreibt Günther so: „Maß und Mitte“, „modern“, und betont die Bedeutung einer Frauenquote. Wer soll da CDU-Chef werden? Günther: „Ich habe früh klargemacht, dass mich das Team Armin Laschet und Jens Spahn am meisten anspricht. Daran hat sich nichts geändert.“
Mit diesem Interview Daniel Günthers ist die komplexe Lage der CDU skizziert: Eine durch Corona bedingte Unklarheit über den weiteren Weg zur Vorsitzendenwahl; eine gewisse Dringlichkeit dieser Wahl durch die im Herbst 2021 anstehende Bundestagswahl und die damit verbundene Frage nach dem Kanzlerkandidaten; und die Notwendigkeit, dass nach der Wahl Sieger wie Besiegte an einem Strang ziehen, um die Wahl für die CDU auch zu gewinnen.
Noch gibt es Zeit, die Führungsfrage vorab einvernehmlich zu klären. Ein Sieg von Friedrich Merz ist weniger wahrscheinlich geworden. Norbert Röttgen gewinnt zwar an Statur, aber für eine Mehrheit wird es nicht reichen. Armin Laschet, der als in Corona-Zeiten hart geforderter Ministerpräsident von den Dreien am wenigsten Zeit hat, auf Werbetour durch die Lande zu ziehen, ist unverändert die beste Wahl, seiner selbst wegen und wegen seiner Teambildung mit Jens Spahn. Beiden zusammen ist eine Modernisierung der CDU und ihre Stärkung als Volkspartei der Mitte am ehesten zuzutrauen. Wenn sich Röttgen und Merz dem Team anschlössen, wäre das ein CDU-Kraftpaket.
Skeptiker verweisen gerne auf Beliebtheits-Demoskopien, in denen Laschet auf Bundesebene keinen Spitzenplatz einnimmt. Jeder, der das politische Geschäft samt seiner Demoskopen seit Jahrzehnten verfolgen konnte, weiß: Solche Demoskopien sind flüchtige Momentaufnahmen, sie sind meist undifferenzierte Echos aus den Wäldern, in die aufgeregte Medien zuvor Emotionen hineingerufen haben. Sie ändern sich umgehend, wenn sich ein Name mit einem Amt verbindet, in dem Verantwortung nicht nur reklamiert, sondern getragen wird, in denen Fernsehauftritte nicht mehr mit Karrierewünschen und den bei Journalisten beliebten persönlichen Konflikten zu tun haben, sondern mit der Erläuterung verantwortlich getroffener Entscheidungen. Wer im Amt ist, gewinnt auch demoskopisch sofort an Statur. Das war bei Helmut Kohl so, bei Angela Merkel – und in den Bundesländern bei Daniel Günther selbst oder bei Michael Kretschmer in Sachsen. Das sollten jene in der CDU bedenken, die gegenwärtig an den Bundes-Personalspielchen viel Freude haben und offenbar nicht intelligent genug sind zu sehen, wie sie ihrer eigenen Sache damit schaden.