19. März 2024

Wie weiter, CDU?

Die CDU tut gegenwärtig alles, um die eigenen Reihen nicht von der Unruhe der SPD infizieren zu lassen. Auf die Frage nach den Eventualitäten der Zukunft – Neuwahl? Kanzlerkandidat(in)? Jamaika? – heißt es nur, Originalton CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer: „Sie können davon ausgehen, dass die CDU für alles, was möglicherweise kommt oder nicht kommt, vorbereitet ist.“

Das liegt, vorsichtig gesagt, ein wenig neben der Wahrheit. Da wäre zunächst die Möglichkeit vorzeitiger Neuwahlen. CDU-Vize Armin Laschet hat wohl Recht, wenn er dieser Koalition aus SPD und CDU nur noch eine gesicherte Lebenszeit bis zum Herbst gibt, ein paar Vorhaben des Koalitionsvertrages sollen bis dahin noch Gesetz werden, das Einwanderungsgesetz etwa oder die Pflegeverbesserungen. Aber die inneren Erschütterungen der SPD werden ja weitergehen, und sie führen gewiss, aus größter programmatischer Verzweiflung, zum SPD-Ausstieg aus dieser Koalition (obwohl die SPD mit ihren Projekten hoch erfolgreich gewesen ist). Was dann? Dass die CDU auf einen rasch einsetzenden Wahlkampf in keiner Weise vorbereitet ist, lässt sich an einigen Punkten festmachen.

Erstens ist ihre politische Kommunikation hoch defizitär. Sie versteht es nicht, die heute präsenten Instrumente der politischen Kommunikation ertragreich einzusetzen. Wenn mehr als 30 Millionen – vorwiegend jüngere – Deutsche per Facebook kommunizieren und sich dort informieren, dann ist das nicht mehr vernachlässigbar. Offen ist auch die Frage, wer die einschlägigen Botschaften transportiert. Auf diese Botschafter aber kommt es ganz wesentlich an, wer in den sozialen Medien bestehen will, muss besonders frisch in der Diktion, klar und ehrlich in der Sache, glaubwürdig in der Person und charismatisch sein. Wen hat die CDU da zu bieten? Mit Matthäus 22:14 könnte man sagen: „Viele fühlen sich berufen, aber nur wenige sind auserwählt.“

Vor allem aber: Die Botschaften der CDU selbst sind ganz undeutlich. Bei seiner Klausur am Wochenende hat der Vorstand der Partei die Frage erörtert: „Wie wollen wir in 20 Jahren leben?“ Ja, wie? Den Wohlstand wollen die Menschen unbedingt, aber sie wollen auch: Energie ohne Kernkraft, Kohle und Erdgas; eine nachhaltige Industrie, nachhaltige Wirtschaft, nachhaltige und ökologisch gewendete Landwirtschaft; Mobilität ohne Umweltprobleme; eine perfekte digitale Infrastruktur; soziale Gerechtigkeit durch umfangreiche Sozialleistungen; innere und äußere Sicherheit. Kurz: Ein perfektes Leben ohne Umweltkosten und Risiko. Und alles möglichst schnell. Wofür von all dem hat die CDU wirklich schon Rezepte? Worauf ist sie im AKK-Sinne „vorbereitet“?

Dann ist da noch das Kanzlerkandidaten-Problem. Der Widerstand gegen Frau Kramp-Karrenbauer nimmt zu, bei der Jugend kommt sie mit ihrer formelhaften Rhetorik nicht an, die bürgerlichen Wähler schauen ihr ein wenig ratlos zu und die Wirtschaft verspricht sich nichts von ihr und prüft vielerorts den Absprung aus Deutschland. Die Suche nach Alternativen ist im Gange, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis das offen diskutiert wird. Und das wird bald sein.

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