26. April 2024

Wissenschaft nimmt Angst

Politische Entscheidungen sind in einer komplexen Welt nicht leicht zu treffen. Politiker müssen sich dabei nicht nur auf eine gute Bildung und einen politischen „Überblick“ verlassen, sondern auch auf die Wissenschaft. Sie nennt ihnen den letzten Stand der Erkenntnis, sie fügt alles verfügbare Wissen zusammen.

Was Lebensmittel, Stoffe und Produkte für Verbraucher anlangt, gibt es dafür seit genau 15 Jahren das „Bundeinstitut für Risikobewertung“ in Berlin. Sein Auftrag ist, den gesundheitlichen Verbraucherschutz durch einen wissenschaftlichen, forschungsgestützten Ansatz sicherzustellen. Es führt dazu eigene Studien durch und verfügt darüber hinaus über einen umfassenden Überblick über alle einschlägigen wissenschaftlichen Forschungen. Hier ist der Politiker also bestens bedient, wenn er Rat sucht.

Manche Politiker aber suchen keinen Rat, weil sie sich ihre ideologischen Weltbilder nicht durch sachliche Argumente zerstören lassen wollen. Der Streit um das Pflanzenschutzmittel Glyphosat ist dafür ein gutes Beispiel. Die Wissenschaftler des BfR haben alle Studien dazu ausgewertet und kommen „nach Prüfung aller bislang vorliegenden Studien, Dokumente und Veröffentlichungen einschließlich der Glyphosat-Monographie der Internationalen Agentur für Krebsforschung der WHO (IARC) zu dem Ergebnis, dass nach derzeitiger wissenschaftlicher Kenntnis bei bestimmungsgemäßer Anwendung von Glyphosat kein krebserzeugendes Risiko für den Menschen zu erwarten ist.“ Klarer kann man es nicht sagen.

Warum die WHO-Agentur IARC zu einem anderen Schluss kommt, verwundert auch das BfR: „Die IARC führt als entscheidende Belege für eine wahrscheinlich kanzerogene Wirkung („sufficient evidence“) dieses Pestizidwirkstoffes tierexperimentelle Studien der Industrie mit dem Wirkstoff Glyphosat an. Diese Studien lagen der IARC nicht im Original vor. Alle zuständigen Behörden, die diese Studien im Original vorliegen hatten, kamen zu dem Schluss, dass sich daraus kein kanzerogenes Risiko für den Menschen ableiten lässt.“

Mit anderen Worten: Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt hat vollkommen zu Recht und geradezu pflichtgemäß in Brüssel der weiteren Zulassung des Unkrautvernichters zugestimmt – jedenfalls, was das angebliche Krebsrisiko angeht. Er hat sich denen fachlich korrekt in den Weg gestellt, die mit Angstmacherei eine ganz andere Agenda verfolgen: Die Zerstörung der industriellen Landwirtschaft zugunsten des weniger scharf kontrollierten ökologischen Landbaus.

Dem BfR kann man zum Geburtstag nur gratulieren und ihm zugleich raten, seine Arbeit offensiver öffentlich zu machen. Es gibt viele Interessenten, die wissenschaftliche Ergebnisse lieber totschweigen möchten, weil sie ihnen die Erfolge ihrer Panikmache vergällt. Und für Verbraucher lohnt sich unbedingt der Blick auf www.bfr.bund.de, sie werden dort zu allen Verbraucher-Themen breit fündig.

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