25. April 2024

Ökologisch dauererregter Zeitgeist

Wer erinnert sich noch an die Vogelgrippe, an BSE, an EHEC, an die Schweinepest, an das Ozonloch, an das Waldsterben, an SARS? Die Aufregungen gingen, wie sie gekommen waren. Nicht immer waren sie begründet: Das behauptete „Waldsterben“ beispielsweise, das in den 80er Jahren die Grünen überhaupt erst groß gemacht hat, hatte mit saurem Regen tatsächlich nichts zu tun, sondern war eine Folge von falscher Aufstockung und zu großer Trockenheit. Auch das Robbensterben, das 2002 Schlagzeilen machte, war nicht menschenverursacht, sondern erwies sich als natürliche Bestandsregulierung durch einen Staupevirus, der von Zeit zu Zeit auftritt – heute gibt es in Deutschland wieder Robben wie Sand am Meer, an manchen Badestränden oft schon in lästiger Zahl.

Besser als die Skandalisierung wirkten meist sorgfältige Diagnose und entschiedene wissenschaftliche Therapie: Das Ozonloch hat sich wieder geschlossen, weil man die Fluorkohlenwasserstoffe gebannt hat. Die Vogelgrippe, die seit 1997 immer wieder einmal auf Menschen übergeht, ist sorgfältig beobachtet und zwischenzeitlich eingedämmt. Der „Rinderwahnsinn“, der 2001 bei 125 Tieren auftrat und zu schweren Absatzproblemen bei Rindfleisch führte, kommt heute praktisch nicht mehr vor.
Auch der Eierskandal wird in Kürze verschwunden sein. Biozide gehören nicht in Eier, das ist klar. Wenn aber eine 70 Kilogramm schwere Person täglich neun höchstbelastete Eier essen muss, um den gesundheitsrelevanten Referenzwert überhaupt zu erreichen, dann sieht man: Die Aufregung könnte kleiner sein., entschiedenes Handeln reicht.

Erregung aber gehört zum politischen Geschäft. Die Grünen brauchen immer wieder frische Umweltskandale, um ihre Existenzberechtigung nachzuweisen. Das gilt vor allem in Wahlkampfzeiten wie diesen, in denen die Demoskopiewerte der Umweltpartei eher dürftig sind. Wenn sich solche Erregungsthemen nicht anbieten, dann macht man selber welche: wie etwa den Dieselskandal. Ganz plötzlich wird die seit jeher bekannte Tatsache zum Skandal erhoben, dass Verbrennungsmotoren Schadstoffe ausstoßen. Das wussten die Grünen auch schon in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts, als sie mit ihren Hippie-VW-Bullis und der Plakette „Atomkraft Nein danke“ noch an die Adria oder ins indische Poona fuhren. Nun plötzlich aber sollen alle Verbrennungsmotoren verschwinden, man proklamiert das Elektrozeitalter, ohne eine Idee davon zu haben, wie man an ausreichende Mengen sauberen Stroms kommt. Wer statt dessen nach abgasfreien Verbrennungsmotoren oder wasserstoffbasierten Brennstoffzellen ruft, gilt als rückwärtsgewandter Störer in einem ökologisch dauererregten Zeitgeist, der den Protestkindern ihre Spielzeuge wegnehmen will.

Gegenwart kann man so zerstören. Zukunft gewinnen aber nicht.

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