16. Mai 2024

Das beste Mediensystem der Welt

Immer dann, wenn der Rundfunkstaatsvertrag zugunsten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten novelliert werden soll, bricht eine öffentliche Debatte darüber los, ob man ARD und ZDF und die Landesrundfunkanstalten überhaupt braucht. Diesmal sorgt der Plan für Aufruhr, diese Rundfunkunternehmen von der Wettbewerbsaufsicht auszunehmen. Dafür gibt es einen gutem Grund: ARD und ZDF wollen und müssen Geld sparen, was ihnen zu einem maßgeblichen Teil auch dadurch gelingen kann, dass sie im Einkauf bei Film- und Sportrechten zusammenarbeiten. Das ist nur vernünftig, im Sinne des Gebührenzahlers und deshalb politisch gewollt. Es versteht sich aber zugleich von selbst, dass man die Unternehmen dann auch von der Kartellaufsicht befreien muss, damit sie rechtskonform handeln können.

Wenn solche Details diskutiert werden, wird immer auch die Grundsatzfrage gestellt: Brauchen wir die öffentlich-rechtlichen Rundfunkunternehmen überhaupt? Die Antwort ist jedem, der eine qualitativ hochwertige Medienlandschaft möchte, klar: Selbstverständlich! Wir brauchen diese Qualität in allen Medienformen, im Print genau so wie im elektronischen Bereich. Deshalb das öffentlich-rechtliche System installiert zu haben, ist eine der großartigen Hinterlassenschaften der britischen Besatzungsmacht nach dem 2. Weltkrieg, als Sir Hugh Carlton Green das Modell der britischen BBC nach Deutschland exportierte. Es sollte einen staatsfernen, kommerzunabhängigen Rundfunk ermöglichen – Anforderungen, die sich gleichzeitig nur mit einer Rundfunkgebühr für alle erfüllen lassen. Deshalb auch wird die Rundfunkgebühr zwar politisch festgeschrieben, ihre Festsetzung aber einer unabhängigen „Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs“ (KEF) überlassen. Das ist keine vollständige, aber eine größtmögliche Entfernung von der Politik, deren unzulässige Eingriffe in die Programm- und Personalpolitik (die es immer wieder gegeben hat) im Laufe der letzten Jahrzehnte stark abgenommen hat.

Wenn die privaten Rundfunkveranstalter sich gegen diese Konstruktion wehren, dann sollten sie bedenken: Ihre Freiheit, bestimmte Programme (vor allem im Informations- und Kulturbereich) schlicht vernachlässigen zu können, resultiert aus der rundfunkgesetzlichen Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalter, eben diese Programmgenres bevorzugt bedienen zu müssen. Das tun sie in ARD, ZDF, bei arte, 3sat, Phoenix und den Digitalprogrammen, vor allem auch in den “Dritten“ Programmen des Landessender, und sie tun es in hoher Qualität – ebenso in den zahlreichen Hörfunksendern, deren Qualität teilweise (Deutschlandradio!) so exzellent ist, dass sich die Rundfunkgebühr allein dafür lohnte.

Das Pflichtenheft, das den öffentlich-rechtlichen Programmveranstaltern aus ihrer Privilegierung erwächst, ist freilich lang: Sie sollen sich bevorzugt mit Information und Kultur befassen, Relevanz muss ihr erstes Selektionskriterium sein, Emotionen beuten die anderen schon genug aus. Zurückhaltung ist angezeigt bei Massenunterhaltung und Sport: Das bieten die privaten Medienunternehmen ebenso gut an. Was exklusive Sportrechte anlangt, so sind sie kein Muss für die öffentlich-rechtlichen Anstalten – vor allem ist es nicht ihre Sache, als Mietbieter zur Verfügung zu stehen, um phantastische Rechte-Preise zu erzielen. Im Gegenteil: Man muss auch verzichten können, auf Live-Fußballspiele ebenso wie auf Olympische Spiele. Der Umgang mit den Gebührengeldern muss sparsam sein, und gerade im Rechtebereich fängt die Sparsamkeit an.

Deutschland hat das beste Mediensystem der Welt. Darauf sollten wir stolz sein und es nicht kaputtreden. Vielmehr kommt es auf ein intensives Nachdenken an, wie man diese Qualität künftig nicht nur bei Fernsehen und Hörfunk, sondern auch im Print-Bereich absichern kann.

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