26. April 2024

US-Oligarchen und Menschenrechte

Immer waren die westlichen Staaten stolz darauf, dass ihre Außenpolitik nicht nur etwas mit Einfluss und wirtschaftlicher Macht zu tun hatte, sondern auch mit den grundlegenden Werten unserer Gesellschaften. Das sind: Freiheit und Demokratie, Menschenwürde, Gleichberechtigung und Toleranz sowie – und nicht zuletzt – die Beachtung des Völkerrechts mit dem Ziel eines zivilisierten Zusammenlebens in der Welt. Wer von diesem Wege abwich – etwa Margaret Thatcher mit ihrem Diktum: „Foreign Policy is about national interests“ – der musste sich für solche Blickverengung viel Kritik gefallen lassen.

Bequem ist eine solche wertgebundene Außenpolitik ja nicht. Wenn deutsche Außenpolitiker aus den Gesprächen mit ihren Kollegen in China oder Russland kamen, war stets die erste Frage der Journalisten: „Haben Sie auch die Menschenrechte angesprochen?“. Die Antwort war stets eher nüchtern, ja, angesprochen habe man das, aber viel bewirken könne man nicht. Also geht man rasch zu den Themen der gegenseitigen politischen oder wirtschaftlichen Interessen über. Das ist prinzipiell auch in Ordnung, denn die Möglichkeiten, sich erfolgreich zum moralischen Präzeptor der Welt aufzuspielen, sind selbst für das in solchen Fragen übereifrige Deutschland beschränkt – sogar die Grünen haben das seit der Außenministerzeit von Joschka Fischer mittlerweile eingesehen.

Gleichwohl tut die ständige mediale Präsenz des Themas und das diplomatische Nachbohren bei Fragen der Menschenrechtsverletzungen und der Freiheitseinschränkungen ihre Wirkung, kein Staat ist da mehr unbeobachtet, die sozialen Netzwerke liefern Informationen und Vergleichsmaßstäbe. Deshalb bessern sich die Lagen tendenziell in vielen Ländern, selbst in China haben die letzten Jahrzehnte erhebliche neue Freiheitsspielräume für die Menschen gebracht.

Unter den Staaten, die ihre freiheits- und menschenrechtsbetonte Verfassung stets vor sich hertragen und deren Werte auch andernorts empfehlen, sind die Vereinigten Staaten ganz vorne. Das mag sich jetzt ändern. Denn es kommt offenbar wie erwartet: Der wirtschaftsinteressierte, außenpolitisch gänzlich unerfahrene, durch ethisches Format bisher nicht (dafür aber mit Vulgär-Rhetorik) aufgefallene Donald Trump scheint sich um Fragen der Menschenrechte und solche einer ethikgebundenen internationalen Zusammenarbeit wenig zu scheren. Was zählt, ist Business. Sonst nichts.

Trump hat sein Kabinett mit einer US-Oligarchentruppe von Milliardären besetzt, der letzte in der Vorschlagsreihe ist der Ölmanager Tillerson, den Trump zum Außenminister machen will. Der trägt russische Orden, hat dort persönliche Geschäftsinteressen und wird seine Politik deshalb wohl kaum einem menschen- und völkerrechtsbemühten Kalkül unterwerfen.

Nimmt man die Wahlkampfrhetorik Trumps mit seinen bisherigen Personalvorstellungen zusammen, wird deutlich: Es droht ein massiver Zusammenbruchs der Wertebasis des westlichen Blocks. Die Europäische Union und Deutschland werden bald schon nach ihrer Positionierung gefragt werden. Da stehen grundsätzliche Debatten ins Haus, in Deutschland und im westlichen Bündnis – und für Deutschland wohl gefährliche Zeiten.

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