30. April 2024

Die Maut – eine Schnapsidee

Die Idee, so erzählt man, sei gleichsam als Schnapsidee aus einer bayerischen Bierzeltlaune heraus geboren: Eine Maut für Ausländer, die deutsche Autobahnen benutzen. Eigentlich alle anderen außer der CSU waren dagegen: Die Koalitionspartner CDU und SPD, die Opposition, die Autofahrer sowieso. Nun hat die Idee die europarechtlichen Hürden genommen, soweit die EU-Kommission betroffen ist. Die Maut, so scheint es, kommt.

Aus der deutschen Politik ist Widerstand nicht mehr zu erwarten: Man finde das nach wie vor für keine gute Idee, sagen CDU und SPD, aber die CSU habe das nun einmal in den Koalitionsvertrag hineinverhandelt, also werde man sich daran halten. Eine Hürde aber gibt es vielleicht noch, nämlich den Europäischen Gerichtshof, den zahlreiche europäische Nachbarländer anrufen wollen, von Österreich über die Niederlande bis nach Dänemark. Man muss ihnen Glück wünschen.

Denn die Maut bleibt eine gegen den Bürger gerichtete politische Missgeburt dieser Koalition, und das aus mehreren Gründen. Zum einen ist sie europafeindlich. In Zeiten eines ohnehin gestörten Zusammengehörigkeitsgefühls gießt die Maut für europäische Ausländer Öl in dieses Feuer – eine deutsche Attacke auf die Geldbeutel unserer Nachbarn und auf ihr Sympathiepotential für unser Land. Zum zweiten ist der finanzielle Ertrag der Maut umstritten. Mit 500 Millionen Euro rechnet der Bundesverkehrsminister, aber vielfach wird ihm, nach Abzug aller administrativer Aufwendungen, ein weitaus geringerer Einnahmeschub vorausgesagt. Das führt zum dritten und wichtigsten Einwand: Die Bundesregierung installiert damit ein neues Finanzierungsinstrument für sich, das sie nach Belieben steuern kann.

Deshalb ist auch das Versprechen, kein deutscher Autofahrer werde mehr zahlen als bisher, keine Sekunde glaubwürdig. Es gilt ohnehin nur für diese Koalition und diese Legislaturperiode, und die ist im kommenden Jahr zu Ende. Nachfolgende Regierungen werden an dieser Einnahmeschraube sofort drehen, und die Begründungen dafür werden entweder „Gerechtigkeit“ sein oder „Ökologie“: Wer mehr verdient, soll mehr zahlen; wer schmutzigere Autos fährt, auch.

Was Maut an Raffgier auslösen kann, zeigt die LKW-Maut. Mit annähernd viereinhalb Milliarden Euro jährlich ist sie zu einem wichtigen Finanzier des Verkehrsetats aufgestiegen. 800 Millionen kommen von den Bahnen in Deutschland, die Kfz-Steuer bringt es auf fast neun Milliarden Euro. Auch aus den 40 Milliarden, die jährlich aus der Energiesteuer (ehedem: Mineralölsteuer) fließen, bedient sich zum Teil der Verkehrsetat. Nun also ein neuer Topf.

Man kann darauf wetten, dass schon in zwei Jahren das Versprechen, kein deutscher Autofahrer werde mit Einführung der Maut mehr zahlen als zuvor, gebrochen sein wird.

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