26. April 2024

Die CDU im Zug nach rechts

Der Parteitag in Essen wird in die Geschichte der CDU als das Momentum eines Rechtsrucks eingehen, einer Rückkehr in konservativere Gefilde. Zu deutlich hatte sich gezeigt, dass der starke rechte Rand der Wählerschaft, der früher noch von der Union eingehegt werden konnte, neue politische Heimat anderswo gefunden hat und das der CDU ihre Stärke nimmt. Am linken Rand konnte sie, trotz aller sozialpolitischen Ausgabefreude, diesen Verlust nicht wettmachen.

Die Kehrtwende zeigt sich vor allem in den Beschlüssen zur Migrationspolitik. Die CDU will nun die Zahl weiterer Migranten drastisch reduzieren und an ein Bleiberecht schärfere Anforderungen stellen als bisher, konsequenter auf Abschiebungen setzen und den Druck zur Integration verstärken – durch die Betonung einer „Leitkultur“, aber auch durch die Ablehnung einer doppelten Staatsbürgerschaft, die sie eben noch mit der SPD vereinbart hatte. Zudem wird die Familie wieder stärker in den Focus gerückt, jene Angebote und Finanzinstrumente sollen ausgebaut werden, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern. Schließlich verspricht die CDU, in der kommenden Legislaturperiode nicht an der Steuerschraube zu drehen.

Damit ist klar, wie der Wahlkampf der CDU und der ganzen Union thematisch ausgerichtet sein wird. Es wird heißen: Wir sind die Partei des wirtschaftlichen und sozialen Erfolges Deutschlands, wir sind die Partei für eine freiheitliche, demokratische Leitkultur, wir sind die Partei für ein restriktives Migrationsmanagement, das christliche Solidarität mit klaren Integrationspflichten für Migranten verbindet. Und: Wir sind eine Partei der europäischen Idee, aber „Deutschland zuerst“ steht auch bei uns künftig programmatisch ganz vorn.

Klar wurde in Essen allerdings auch, dass die CDU mit ihrer Vorsitzenden zunehmend fremdelt. Sie wird gefeiert, weil sie große Verdienste hat und eben momentan alternativlos scheint. Sie wird mit ordentlichem Ergebnis wiedergewählt, weil sie innenpolitisch erfolgreich ist, weil sie gegenwärtig der Fels in der europäischen Brandung ist und auch zwischen den USA und Russland als Mittlerin unentbehrlich scheint. Der Widerspruch gegen ihre Politik freilich wird freier und pointierter vorgetragen als früher und er stößt – wie man am Beschluss zur doppelten Staatsbürgerschaft sehen kann – auf eine konservative Unterströmung in der CDU, die sich bisher vernachlässigt vorkommt.

Die nächsten Jahre werden deshalb auch von personalpolitischen Spekulationen und Positionierungen geprägt sein. Nachfolgeaspiranten für die Post-Merkel-Zeit müssen sich langsam in Stellung bringen, müssen sich ein inhaltliches Profil aufbauen, das die kommende konservativere CDU anspricht. Denn es ist ja unübersehbar, dass die konservative Mehrheit des Wahlvolkes stärker wird, und die CDU wird und muss alles versuchen, dieses Wasser von den Mühlen der AfD und auch der FDP wieder in eigene Kanäle zu lenken.

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