24. April 2024

Klare Ansagen fehlen

Von dieser Seite hatte die Kanzlerin keinen Gegenwind erwartet: EU-Ratspräsident Donald Tusk – ein besonnener Mann, der sein Amt durch direkte Unterstützung der Bundeskanzlerin erhielt – hat sich gegen die großzügige Flüchtlingspolitik Deutschlands gewendet. Dieser Flüchtlingsstrom sei „zu groß, um ihn nicht zu stoppen“, niemand in Europa sei bereit, „diese hohen Zahlen aufzunehmen, Deutschland eingeschlossen“. Die hohen Migrantenzahlen stellten ein Sicherheitsrisiko dar, das mit der gegenwärtigen Praxis nicht kontrolliert werden könne.

Tusk hat mit dieser Offensive einer realistischen Einschätzung Ausdruck gegeben, die mittlerweile in allen Ländern der EU vorherrscht. Wenn ein Fingerabdruck reicht, um die die EU zu gelangen, impliziert das eine Bankrotterklärung nationalen und europäischen Grenzregimes mit dem Import von Sicherheitsrisiken, deren ganzes Ausmaß erst in einigen Jahren sichtbar werden wird. Notwendig ist deshalb eine rigide Einwanderungspolitik, die den Willkommens-Stempel nicht in Deutschland, sondern außerhalb der europäischen Außengrenzen erteilt.

In Deutschland steigt die Unruhe ebenfalls. Die Fragen lauten: Wieso sollen deutsche Soldaten in Syrien oder Afghanistan für Frieden sorgen, während die jungen Männer von dort nach Deutschland auswandern? Warum ist ihnen nicht zumutbar, was deutsche Soldaten auf sich nehmen? Warum kommen Migranten auch aus jenen Teilen Syriens zu uns, die vom Krieg nicht direkt berührt sind? Wieso flüchten afghanische Kriegsbetroffene aus dem Norden des Landes nicht in die ruhigen Landesteile, sondern nach Europa?

Angela Merkel hat sich für begrenzende Maßnahmen eingesetzt. Sie hat den militärischen Kampf gegen die Kriegsursachen in Syrien auch zur Sache Deutschlands gemacht. Sie hat dem türkischen Präsidenten, dessen Freiheitsvorstellungen so gar nicht die ihren sind, Konzessionen angeboten, um ihn zur Erweiterung der dortigen Flüchtlingslager zu bewegen. Sie hat einen (nun scheiternden) Beschluss erwirkt, die Flüchtlinge in Europa zu verteilen.

Noch immer aber fehlen klare Ansagen: Wer aus Afghanistan Asyl beantragt, wird zurückgeschickt. Wer aus Syrien kommt, hat nur zeitlich begrenztes Aufenthaltsrecht, und dies nur dann, wenn er aus Kriegsgebieten stammt. Familiennachzug gibt es in den ersten drei Jahren nicht, jedenfalls nicht, bevor über das Bleiberecht endgültig entschieden ist.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière ist einer der wenigen, der hier luziden Verstand zeigt. Ihm fehlt aber entschiedene rhetorische und sachliche Unterstützung sowohl durch die Kanzlerin als auch vom Koalitionspartner. Die SPD torpediert den Koalitionskompromiss in dieser Sache noch immer, SPD-geführte Ländern verweigern die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber in hohen Zahlen. Dieser Zwist ist ein riskantes Verhalten, das der extremen Rechten in Deutschland in die Hände spielt.

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