19. März 2024

Von der Kraft des Christentums

Weihnachtstage sind Tage der Selbstbesinnung. Wofür stehen wir? Was macht ein Leben aus jenseits materieller Güter? Was ist es wert, verteidigt zu werden? Der nicht endende Flüchtlingsstrom unserer Tage verschärft die Fragen: Wie selbstbewusst sollten sich Christen in unserem Land zeigen angesichts wachsender Zahlen religiös aktiver muslimischer Mitbürger? Wie sähe unsere Welt aus ohne Christentum?

Seine Schwäche ist, zumindest im reichen Westen, unübersehbar. Der Glaube kränkelt, christliche Bindungskräfte nehmen ab. Familien und soziale Umfelder reproduzieren nicht mehr automatisch christlichen Nachwuchs. Was aber hat das Christentum gebracht? Worauf würden auch jene nicht verzichten wollen, die sich nicht zu den Kirchgängern zählen?

Das ist zunächst das Menschenbild. Griechen und Römer kannten Herren und Sklaven, Gebildete und Ungebildete, Männer und Frauen, Wohlgeratene und Sieche, Ausbeutung der einen durch die anderen. Erst das Christentum unternahm es, die Unterschiede in Menschenwürde und Menschenrechten einzuebnen. Gerechtigkeit lässt sich eben nur entfalten, wenn jeder die gleiche Würde beanspruchen kann. Nur diese Idee der Gleichheit kann letztlich eine Kultur des Sozialstaates begründen.

Auch unsere Vorstellung von Zeit ist christlichen Ursprungs. Wir zählen die Jahre „nach Christi Geburt“, wir messen und teilen ein, wir gestalten unser Leben in strengen Zeitkontingenten. Das hat uns zu einer lebendigen und leistungsfrohen Gesellschaft gemacht, die nicht in meditativer Versenkung erschlafft. Diese Zeitvorstellung ist Antrieb unserer Wissenschaftskultur, einer vorwärtsdrängenden Neugier, die uns zukunftsoffen hält.

Daran knüpft unser Arbeitsethos. Bete und arbeite, hat man uns Christen gelehrt, unsere Gesellschaft als Wechselspiel zwischen zweckbetonter und zweckfreier Zeit, die den Menschen vom dauerndem Müßiggang fernhält. Die Klöster in Europa und anderswo waren Ursprung und Vorbild dieses christlichen Taktes, der unsere Lebensform bis heute erfolgreich macht.

Auch unsere Staatsidee ist vom Christentum geprägt: Religion und Staat leben nebeneinander, in einem konstruktiven Verhältnis zwar, aber der eine beansprucht nicht die Macht des anderen: Staatliches und Göttliches sind getrennt, anders als in islamischen Staatsmodellen, in „Gottesstaaten“, die den ganzen Menschen theokratischem Machtwillen unterwerfen. Seit das Christentum die Pflege der Seelen beansprucht, wird es von politischen Religionen als Feind wahrgenommen: vom Kommunismus, vom Faschismus, vom Nationalsozialismus, vom Islamismus. Sie alle wollten und wollen ungeteilte Macht über den ganzen Menschen.

Auch die Künste sollten wir nicht vergessen. Wie arm wäre die Welt ohne die Bilder und Skulpturen von Michelangelo, die sakrale Musik von Palestrina, Mozart, Beethoven oder Händel, ohne Bachs „Weihnachtsoratorium“, ohne die Werke christlicher Baukunst.

So könnten die Weihnachtstage Gelegenheit für die Wahrnehmung der Kraft sein, die das Christentum unserer Gesellschaft gegeben hat. Wir haben, Kirchgänger oder nicht, allen Grund, diese Kraft zu verteidigen.

Mein Garten als Rechtssubjekt

Mein Garten ist, wie er so winterlich brach daliegt, ein Biotop. Ich will lieber gar nicht wissen, welche Tiere sich da im Beet und außenherum angesiedelt haben. Es könnte sich um seltene Tierarten handeln. Gut, ein paar Regenwürmer kann ich erkennen, Käfer laufen eilends herum, irgendwas ist los dort. Es hat sich, nach all der sommerlichen Anbauzeit und herbstlichen Ernte, ein neues Gleichgewicht der Natur herausgebildet.

Neue Gleichgewichte aber mögen die Naturschützer unserer Zeit nicht. Sie bestehen darauf, dass es bei den alten Gleichgewichten bleibt. Wenn ich den Garten jetzt umgrabe, kann ich das nur schlechtesten Gewissens tun. Nicht nur hat mich der Papst dringendst ermahnt, die Finger von der Natur zu lassen, auch die ganze grüne Philosophie der letzten zwei Jahrzehnte, in rot-grünen Koalitionen gesetzlich fixiert, hat den Menschen zum Störenfried der Natur gemacht.

Wir Christen kannten das noch anders. Uns war aufgegeben, die Natur zu achten und zu erhalten, sie zu erhalten – aber umformen durften wir sie doch. Pflüget die Erde und machet sie euch untertan, hieß es ja im Buch Genesis, also hat der Bauer genau so gehandelt. Die Menschen haben Wälder gepflanzt, um sie zur „Erntereife“ abzuholzen und daraus allerlei Menschentaugliches herzustellen oder jedenfalls ein Feuer zu machen. Baumeister haben Gebäude errichtet und dafür Steine und Sand abgebaut und Grundstücke überplant, sie der Natur entzogen.

Bauern sind als Naturvernichter verschrien. Waldbesitzer gelten als Asusbeuter, weil sie Böäume zum Verkauf fällen und dabei vielleichgt gar seltene Vögel oder die Gelbbauchunke erschrecken. Die Schifffahrt, heisst es, tut den Meeren Gewalt an.

Tatsächlich haben viele Unternehmen nicht die Nutzung und Umgestaltung der Natur im Sinn, sondern deren Vernichtung. Das hat dazu geführt, dass man die Natur zum Rechtssubjekt erklärt hat, zu unserem Gegenüber. Naturschützer haben aus der dem Menschen anvertraute Natur wieder eine Religion gemacht, ein physiozentrisches Weltbild darum gezimmert. Per Verbandsklagerecht können sie auch noch die vernünftigste Nutzung und Umgestaltung von Natur verhindern.

Jetzt weiß ich nicht, wie ich in meinem Garten weitermachen soll. Umgraben? Das zerstört das ökologische Gleichgewicht, das sich gerade dort eingependelt hat. Demnächst im Frühjahr wieder säen, pflanzen, hacken? Ich könnte einen Regenwurm treffen. Schnecken vernichten? Man traut sich die Folgen gar nicht auszudenken, würde die Naturschutzbehörde davon Wind bekommen. Meine Schnecken sind möglicherweise prioritäre Lebensarten, und was das für meinen Garten bedeutet, weiß jeder, der das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) kennt.

Ein Glück, dass erst einmal Winter ist.

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