25. April 2024

Ehe und Familie stärken – aber wie?

Um die Familie als Grundlage unserer Gesellschaft steht es nicht zum Besten. Die Geburtenraten sind, vor allem angesichts pharmazeutischer Möglichkeiten der Empfängnisverhütung, in den meisten Industrienationen niedriger, als es zur Reproduktion einer Nation notwendig wäre. Die Haltbarkeit der Ehen ist problematisch, etwa jede zweite Ehe endet vor dem Scheidungsrichter.

Das ist auch den Kirchen nicht entgangen. Besonders für die katholische Kirche wirft diese Lebenswirklichkeit ein Problem auf, denn weder die Empfängnisverhütung noch die Scheidung passt in die kirchliche Lehre, die solches nicht vorsieht und ihren Gläubigen sogar untersagt. Geschiedene, die sich erneut verheiraten, bleiben von der Kommunion ausgeschlossen, konfessionsverschiedene Ehen wird die Möglichkeit eines gemeinsamen Kommunionempfangs verwehrt. Das Ergebnis: Nur noch die allerwenigsten Katholiken in Mitteleuropa scheren sich um die Lehre der Kirche und empfinden sie in diesen Punkten als überholt, sie fühlen sich seelsorgerlich im Stich gelassen.

Nun will die katholische Kirche reagieren. 300 Bischöfe und 120 Laien-Experten werden ab Sonntag in Rom drei Wochen lang darüber debattieren, wie sich die Situation von Ehe und Familie in der Welt stabilisieren und sich die vorgefundene Wirklichkeit mit der kirchlichen Lehre besser vereinbaren ließe. „Es geht darum, wie Kirche dazu beitragen kann, dass Ehe und Familie gelingen“, fasst Kardinal Marx, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, das zusammen.

Was dazu auch notwendig ist, liegt auf der Hand: Die Kirche muss ihre Vorgaben bei Sexualmoral und Ehe ändern. Empfängnisverhütung muss als selbstverständliche Möglichkeit verantwortlicher Familienplanung akzeptiert werden. Wenn sie aus guten Gründen die Unauflöslichkeit der sakramentalen Ehe nicht aufgeben will, dann muss die Kirche seelsorgerlich begründete Ausnahmetatbestände schaffen. Die deutschen Bischöfe liegen schon beinahe richtig, wenn Kardinal Marx sagt: „Wir können nicht die Lehre der Kirche ändern, aber die ist eingebunden in einen lebendigen Prozess. Das ist auch Lehre der Kirche. So müssen wir für die theologische Urteilsbildung und die Pastoral auch immer wieder die ‚Zeichen der Zeit’ im Licht des Evangeliums lesen, so das Konzil.“

Für diese kompromissbereite Haltung, den Blick auf die „Zeichen der Zeit“, haben die deutsche Kirche und Kardinal Marx viel Gegenwind erhalten, und sie werden ihn auch bei der kommenden Familiensynode spüren. Die Gegenspieler mit einer starren konservativen Haltung kommen aus anderen Kontinenten, aber auch aus den eigenen Reihen, beispielsweise in Person des Kurienkardinals Gerhard Ludwig Müller, der die Glaubenskongregation der Kirche leitet. Man wird heftig diskutieren, am Ende sollte eine Lösung stehen, die den nationalen Bischofskonferenzen mehr seelsorgerlichen Handlungsspielraum einräumt, denn auch die Lebenswirklichkeiten zwischen den Kontinenten der Welt divergieren.

Papst Franziskus hatte zum Zorn seiner Gegner vorab schon Fakten geschaffen, als er kürzlich per Dekret die Bedingungen für die Auflösung einer kirchlich geschlossenen Ehe wesentlich erleichterte. Damit ist vielen gescheiterten Ehepaaren ein Weg gewiesen, Probleme zu umgehen. Bei dieser Maßnahme aber wird es nicht bleiben können. Sollte sich die Synode nicht zu klaren Entscheidungen durchringen, so weist Kardinal Marx vorsorglich schon einmal darauf hin, „dass die Synode kein Beschlussgremium ist, sondern dass sie den Papst berät.“ Und zu dessen engsten Beratern wiederum zählt er selbst.

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