28. März 2024

Militanz durch Religionen

Kriege im Namen von Religionen und gegen Religionen sind kein neues Phänomen. Die Religionsgeschichte ist voller solcher Ereignisse.  Die Unterdrückung religiöser Bewegungen hatte ihren Beweggrund meist in der Durchsetzung totalitärer weltlicher Machtansprüche – Diktatoren wollen keine anderen Götter neben sich haben. Unvergessen bleibt hier der wahnhafte Tagebucheintrag von Goebbels vom 5. August 1933: „Wir werden selbst Kirche werden“, der zur Erklärung der Hitlerschen Verfolgungssystematik wesentlich beiträgt.

Christentum und Judentum haben sich im Laufe ihrer Geschichte zu Religionen des Friedens gewandelt. Das hatte die Hoffnung aufkommen lassen, auch der Islam als dritte mosaische Religion könnte zu einer weltweiten friedenssichernden Kraft aufwachsen. Das war die Vision: drei große Religionen als weltweit wirksames Friedensbündnis.

Doch jene Formen eines modernen Islam, die religiöses Leben und Demokratie miteinander in Einklang bringen, haben es nicht geschafft, die Ausbreitung solcher fundamentalistischer islamischer Bewegungen zu stoppen, die religiösen Absolutheitsanspruch und weltliche Diktatur in menschenverachtender Weise miteinander verbinden. Die gegenwärtigen Christenverfolgungen in Syrien oder solche in Afrika sind beredtes, grauenhaftes Zeugnis davon.

Die Lehre ist: Wenn man den Hass auf religiös Andersdenkende nur lange genug schürt, dann entgleitet auch den politischen und religiösen Führungskräften die Möglichkeit des Einflusses. Die Geste von Papst Franziskus, mit dem israelischen und dem palästinensischen Präsidenten im Vatikan ein Friedensgebet abzuhalten, erweist sich rückblickend als rührend, aber wirkungslos.

Nüchtern muss man bilanzieren: Religionen haben ihre friedensstiftende Wirkungsmacht verloren und sind selbst wieder hineingezogen in interreligiöse Kriege. Es macht sich (in allen Religionen) ein Fundamentalismus breit, der das Vernunftprinzip nicht mehr akzeptiert, vorangetrieben von Fanatikern, die „sich in einer Zeit der forcierten Modernisierung und Verwestlichung an den Rand gedrängt und ausgeschaltet fühlten“ (Hans Maier) – im Iran, im Irak, in Afghanistan, in Afrika und anderswo.

Das sind keine guten Aussichten.

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