26. April 2024

Steuersenkungen: Untätigkeit schadet

Wenn man der Großen Koalition etwas zugute halten kann, dann ist es die bisher ruhige Hand in der Steuerpolitik: Keine Erhöhungen, das war das Versprechen. Aber die schleichende Geldentwertung und nachfolgende Tarifrunden haben viele Arbeitnehmer dennoch in höhere Steuerbelastungen wachsen lassen, weil die Steuertarifgrenzen statisch sind. Zudem ist die Welt um Deutschland herum auch nicht stehengeblieben: Andere Länder haben teilweise drastische Steuersenkungen für die Wirtschaft beschlossen, weil sich die Konjunktur einzutrüben beginnt und das Steuerniveau ein wichtiger Wettbewerbsfaktor ist.

Das Ergebnis: Deutschland ist Hochsteuerland, die Wirtschaft hat insofern viel Grund zur Klage und ist versucht, in steuergünstigere Gefilde auszuweichen oder Firmenkonstrukte zu prüfen, die die Steuerlast mindern. Derlei ist völlig legal, und wer solches Verhalten dann kriminalisiert („Steuerschlupflöcher“), der hat Ursache und Wirkung des wirtschaftlichen Prozesses und der Verteilung der Produktivkräfte im Raum nicht verstanden.

Nun scheint es, als nähme die Steuerdebatte wieder Fahrt auf. Die Unionsfraktion möchte die Steuern für Kapital- wie Personengesellschaften bei 25 Prozent deckeln. Das soll vor allem durch die Anrechnung der Gewerbesteuer bei der Einkommen- und Körperschaftssteuer geschehen sowie durch die Abschaffung des Solidaritätszuschlages. Ein Wunder wäre es freilich, wenn der sozialdemokratische Widerpart in Gestalt des Bundesfinanzministers Scholz da nicht widersprochen hätte: „Steuersenkungen zu versprechen, für die es keine Gegenfinanzierung gibt, ist unredlich und schafft kein Vertrauen“, sagt er (um zugleich den immer neuen sozialpolitischen Ideen seiner sozialdemokratischen Ministerkollegen willig die Hand zu reichen). Darin liegt bereits der Scholz’sche Unwille, eine Gegenfinanzierung überhaupt zu suchen, weil ihm die ganze CDU/CSU-Richtung nicht passt und er sogar den Spitzensteuersatz anheben will.

Fündig könnte er im ausgeuferten Sozialetat werden, bei dem eine neue Leistung auf die andere getürmt wird. Auch das belastet die Wirtschaft immer mehr. Hier freilich gibt sich die CDU wenig einsichtig: Der CDU-Bundeswirtschaftsminister Altmaier will nicht etwa für niedrigere Sozialleistungen sorgen, um die Beiträge zu senken, vielmehr will er die Beiträge „deckeln“. Im Klartext heißt das: Mehr Steuerfinanzierung für die Sozialsysteme. Altmaier unterminiert damit die Absichten der Steuerkollegen der Unions-Fraktion und spielt der SPD in die Hände, die Steuersenkungen sowohl für die Wirtschaft als auch für die Bürger für überflüssig hält und den Spitzensteuersatz gar noch erhöhen will.

Wenn aber die eine Hand der Koalition das Gegenteil der anderen will, dann ist eines wahrscheinlich: Stillstand bis zum nächsten Wahltag. Der aber ist, voraussichtlich, erst 2021. Steuersenkende Untätigkeit bis dahin wird Schaden anrichten.

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