26. April 2024

Endlagersuche den Fachleuten überlassen!

Politische Entscheidungen haben selten dauerhaften Bestand. In absehbarer Zeit aber steht eine solche Entscheidung mit Ewigkeitswirkung an, nämlich bei der Beantwortung der Frage, wo der hochradioaktive Atommüll aus deutschen Kernkraftwerken dauerhaft gelagert werden soll. Wir erinnern uns, dass dafür eigentlich die Salzstöcke von Gorleben im Wendland in den Blick genommen waren. Dort aber erwuchs bürgerlich-politischer Widerstand, dessen Umfang und aktivistische Konstruktion im Poesiealbum der grünen Bewegung in Deutschland mittlerweile den breitesten Erinnerungs- und Identifikationswert einnimmt.

Wo solcher Widerstand droht, weicht die Politik bekanntlich zurück. Folgerichtig wurde die Sache neu ausgeschrieben, eine Kommission befasste sich mehr als zwei Jahre mit einer Neudefinition und legte gestern ihre Empfehlungen für die Auswahl des besten Standorts für einen dauerhaften Aufbewahrungsort für hochradioaktiven deutschen Atommüll vor.

Das Problem ist erheblich und von eigentlich unüberschaubarer Tragweite. So soll das Lager für die Dauer von einer Million Jahre bestmögliche Sicherheit bieten, also für eine Zeit, in der vermutlich zwanzig Eiszeiten über die Erde kommen werden, die alle geologischen Formationen komplett umstürzen, wie dies auch in den vergangenen Millionen Jahren gewesen ist. Umweltfaktoren dürfen den Müll dann nicht freilegen, und alle möglichen auch technisch unzivilisierte Gesellschaftsformen – wer weiß schon, was aus den Menschen da in Jahrtausenden wird – müssen mit einem solchen Endlager und seinem Management klarkommen.

Da wäre es gut, wenigstens dieses Problem würde mit höchster Sachlichkeit und unter Inanspruchnahme aller verfügbaren Kompetenz gelöst, mithin: nicht nach regional- oder interessenspolitischen Aspekten. Zu klären ist die Frage, welche der möglichen Wirtsgesteine Salz, Granit der Ton am besten geeignet sind und wo sich entsprechende Lager finden lassen. Und ausdrücklich sollte die Kommission Deutschland als „Weiße Landkarte“ betrachten, also ohne jede Vorbedingung arbeiten.

Die Ergebnisse aber waren noch nicht eine Stunde publik, da meldeten sich die erwartbaren Politiker und nahmen für sich das Floriansprinzip in Anspruch. Der niedersächsische Umweltminister wollte Gorleben von vorherein ausgeschlossen sehen, es sei „politisch verbrannt“ und Salz sei nicht geeignet. Bayern und Baden-Württemberg behaupteten eben das für Granit und fürchteten um ihre Natur, die zwar monströse Skilifte und Kunstschnee beeinträchtigen dürfen, keinesfalls aber ein Atomendlager. So wird es weitergehen: Standort um Standort verweigert sich und baut Drohgebärden auf.

Wie wäre es, wenn sich die Politik bei der Endlagersuche völlig heraushielte und sie alleine den Fachleuten überließe? Dann würde die Verantwortung dort konzentriert, wo sie bei diesem Ewigkeitsproblem hingehört. Die Umsetzung sollte dann zügig erfolgen, denn die radioaktiven Abfälle in irgendwelchen Schuppen bei den Kraftwerken herumstehen zu lassen, ist nun gar keine verantwortbare Option.

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