7. Oktober 2025

Mein Garten als Rechtssubjekt

Mein Garten ist, wie er so winterlich brach daliegt, ein Biotop. Ich will lieber gar nicht wissen, welche Tiere sich da im Beet und außenherum angesiedelt haben. Es könnte sich um seltene Tierarten handeln. Gut, ein paar Regenwürmer kann ich erkennen, Käfer laufen eilends herum, irgendwas ist los dort. Es hat sich, nach all der sommerlichen Anbauzeit und herbstlichen Ernte, ein neues Gleichgewicht der Natur herausgebildet.

Neue Gleichgewichte aber mögen die Naturschützer unserer Zeit nicht. Sie bestehen darauf, dass es bei den alten Gleichgewichten bleibt. Wenn ich den Garten jetzt umgrabe, kann ich das nur schlechtesten Gewissens tun. Nicht nur hat mich der Papst dringendst ermahnt, die Finger von der Natur zu lassen, auch die ganze grüne Philosophie der letzten zwei Jahrzehnte, in rot-grünen Koalitionen gesetzlich fixiert, hat den Menschen zum Störenfried der Natur gemacht.

Wir Christen kannten das noch anders. Uns war aufgegeben, die Natur zu achten und zu erhalten, sie zu erhalten – aber umformen durften wir sie doch. Pflüget die Erde und machet sie euch untertan, hieß es ja im Buch Genesis, also hat der Bauer genau so gehandelt. Die Menschen haben Wälder gepflanzt, um sie zur „Erntereife“ abzuholzen und daraus allerlei Menschentaugliches herzustellen oder jedenfalls ein Feuer zu machen. Baumeister haben Gebäude errichtet und dafür Steine und Sand abgebaut und Grundstücke überplant, sie der Natur entzogen.

Bauern sind als Naturvernichter verschrien. Waldbesitzer gelten als Asusbeuter, weil sie Böäume zum Verkauf fällen und dabei vielleichgt gar seltene Vögel oder die Gelbbauchunke erschrecken. Die Schifffahrt, heisst es, tut den Meeren Gewalt an.

Tatsächlich haben viele Unternehmen nicht die Nutzung und Umgestaltung der Natur im Sinn, sondern deren Vernichtung. Das hat dazu geführt, dass man die Natur zum Rechtssubjekt erklärt hat, zu unserem Gegenüber. Naturschützer haben aus der dem Menschen anvertraute Natur wieder eine Religion gemacht, ein physiozentrisches Weltbild darum gezimmert. Per Verbandsklagerecht können sie auch noch die vernünftigste Nutzung und Umgestaltung von Natur verhindern.

Jetzt weiß ich nicht, wie ich in meinem Garten weitermachen soll. Umgraben? Das zerstört das ökologische Gleichgewicht, das sich gerade dort eingependelt hat. Demnächst im Frühjahr wieder säen, pflanzen, hacken? Ich könnte einen Regenwurm treffen. Schnecken vernichten? Man traut sich die Folgen gar nicht auszudenken, würde die Naturschutzbehörde davon Wind bekommen. Meine Schnecken sind möglicherweise prioritäre Lebensarten, und was das für meinen Garten bedeutet, weiß jeder, der das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) kennt.

Ein Glück, dass erst einmal Winter ist.

Barmherzigkeit

Unter den Festen, die die katholische Kirche kennt, hat das selten wiederkehrende „Heilige Jahr“ eine herausgehobene Stellung. Es ist ein Appell des Papstes an die ganze katholische Christenheit, sich das jeweilige Thema zu ihrem Herzensanliegen zu machen, es sich mit vielerlei Aktivitäten und liturgischen Formen über ein ganzes Jahr intensiv zu vergegenwärtigen. Das Thema dieses Heiligen Jahres, das nun begann, ist die Barmherzigkeit. Millionen Pilger werden nach Rom kommen, um in den nächsten zwölf Monaten für solche Barmherzigkeit Zeugnis abzulegen und den Papst in diesem Anliegen zu unterstützen.

Barmherzigkeit – die Abkehr vom griechischen Menschenbild der Wohlgeratenheit und der Perfektion, in dem Arme und Kranke abgesondert und die einen die Herren, die anderen die Knechte und Sklaven waren, ist ein Verdienst des Christentums. Das möchte der Papst unterstreichen.

Das Christentum hob solche soziale Schranken auf, definierte ein Menschenbild, in dem jedem die gleiche Würde zukommt. Im Innern wuchs daraus der Gedanke der Gemeinde und im Äußeren die Idee einer einzigen Menschheit, in der Brüderlichkeit herrschen sollte statt Haß.

Dieser Gedanken der jedem zukommenden Menschenwürde ermöglichte ein – anfangs vor allem auf Klöstern beruhendes – Armen- und Erziehungswesen und letztlich den moderne Rechts- und Sozialstaat, der menschliche Entfaltung grundlegend sichert. Es ist gut, diesen bedeutenden Verdienst des Christentums nicht zu vergessen.

Für Papst Franziskus ist solche brüderliche Barmherzigkeit der wesentliche Kern des Christentums. „Es ist wichtig, dass die Gläubigen sie leben und in alle Gesellschaftsbereiche hineintragen – vorwärts!“, rief er Anfang 2015, als er das Heilige Jahr zu diesem seinem Herzensthema ankündigte. Und: „Wie sehr möchte ich, dass die Orte, an denen sich Kirche zeigt – unsere Gemeinden und besonders unsere Gemeinschaften -, zu Inseln der Barmherzigkeit im Meer der Gleichgültigkeit werden.“

Dieses „Heilige Jahr“ soll auch einen Aufbruch signalisieren in einer Zeit, in der durch die weltweiten Migrationsbewegungen die barmherzige Nächstenliebe besonders gefordert ist. Der „Nächste“, also auch ein Flüchtling, könnte keine Solidarität mehr erwarten, sähe man in ihm nur noch den den Fremden, den Konkurrenten, den Feind. So ist es – für Christen und Nichtchristen – gut, sich der Barmherzigkeit stärker zu erinnern und sie zu leben. Sie macht auch unseren inneren Frieden aus.

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