7. Oktober 2025

Olympia – Gebührenverschwendung von ARD und ZDF

Immer wieder stehen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten unter Beschuss. Kern der Kritik ist der Umgang mit den Gebührengeldern, die ARD und ZDF jedes Jahr in Milliardenhöhe erhalten. Es handelt sich dabei um eine gesetzlich beschlossene Zwangsabgabe, die jeder Haushalt abführen muss, der Empfangsgeräte vorhält. Der Grund für diese Privilegierung liegt in der Absicht des Gesetzgebers, eine qualitativ hochwertige Grundversorgung an Programmangeboten der Information, der Kultur und der Unterhaltung zu sichern unabhängig davon, was private Medienunternehmen tun oder lassen.

Diese öffentlich-rechtliche Grundversorgung ist richtig und muss verteidigt werden. Sie legt den Rundfunkanstalten allerdings Verpflichtungen auf, denen sie nur ungenügend nachkommen. Die erste Verpflichtung ist der sparsame Umgang mit dem Geld. Davon kann keine Rede sein, so lange ARD und ZDF Hunderte von Millionen für Sportrechte ausgeben, die mit dem öffentlich-rechtlichen Grundversorgungsauftrag nichts zu tun haben. Die Olympischen Spiele, die in den nächsten Wochen das Fernsehprogramm wieder füllen werden, sind ein solcher Skandal. Warum, darf man fragen, wird das Geld des Gebührenzahlers verwendet, um nachgewiesenermaßen dopingverzerrte Spiele zu übertragen? Wieso überhaupt geben ARD und ZDF solche Riesensummen aus für Sportereignisse, die in privaten Fernsehkanälen ebenso gut aufgehoben wären? Was hat das mit dem öffentlich-rechtlichen Kernauftrag zu tun?

An dieser und an anderen Stellen der Verwendung der Gebührengelder herrscht eine nicht hinnehmbare Intransparenz. ARD und ZDF sind nicht gut beraten, ihre Geheimniskrämerei um die Finanzen fortzusetzen. Sie verschweigen die Summen, die sie für die Sportrechte zahlen; sie nennen nicht dien Finanzumfang von Produktionsverträgen mit Moderatoren, die ihre auch anderweitig vermarktete Prominenz nur aus der Möglichkeit beziehen, am Bildschirm zu erscheinen (und eigentlich für die Moderationschance noch etwas zahlen müssten). Sie geben keine Auskunft über Honorare für prominente Kommentatoren, wie zuletzt etwa Mehmet Scholl oder Oliver Kahn. Sie nennen die Honorare ihrer Nachrichtenmoderatoren nicht. Das alles ist kein Ruhmesblatt. Die Sender schaden sich damit selbst in Zeiten, in denen der Ruf nach gläsernen Taschen nicht nur den öffentlich-rechtlichen Bereich bestimmt.

Die Preise für Sportübertragungsrechte werden weiter steigen. Darin liegt der Trost des kritischen Betrachters. Sie haben bereits Höhen erreicht, bei denen ARD und ZDF hoffentlich aussteigen. Die nächste Gelegenheit wäre, Discovery bei künftigen Fernsehübertragungen von den Olympischen Spielen (2018-2024) allein zu lassen und die Raffgier des IOC und des Privatsenders Discovery auf des deutschen Gebührenzahlers Gelder ein klares „Nein“ entgegenzusetzen.

Ersatzweise bietet sich in diesen turbulenten Zeiten unbedingt an, die Informationsprogramme auszuweiten und mit viel mehr Geld auszustatten. Dann wären die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wieder dort, wo ihre eigentliche Gründungsidee liegt – und in der politischen Debatte auf der sicheren Seite.

Kinderarmut und Bildung

Die Kinderarmut in Europa steigt. Das ist das Ergebnis neuer Zahlen, die das Europäische Statistikamt Eurostat vorgelegt hat. Nun ist das Armut immer auch ein politisches Thema – weshalb sich um die Definition des Begriffs viel politischer Streit rankt. Die Linken sind daran interessiert, einen möglichst großen Anteil der Bevölkerung als „arm“ bezeichnen zu können, lassen sich daran doch umfangreiche politische Forderungen knüpfen, die linkes Kernpotential sind. Eher liberale und konservative Politiker hingegen mögen den rein materiell definierten Armutsbegriff nicht, weil er zu viel außen vor lässt und dort, wo er berechtigt ist, die Ursachen der Armut nicht vollständig aufdeckt.

Was also soll man daraus lesen, dass mehr als jedes vierte Kind in Europa von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht ist und in benachteiligenden sozialen Verhältnissen heranwächst? Zunächst weisen die Zahlen auf ein ernstes Problem hin, das aus den zunehmenden sozialen Differenzen in vielen europäischen Ländern erwächst. Jene Politiker haben also Recht, die auf ein Defizit in der europäischen Sozialpolitik verweisen. Die Standards hier sind in den Mitgliedsländern der EU noch sehr uneinheitlich.

Einheitlich aber können sie nur werden, wenn man auch die Haushaltspolitik, das Steuersystem und die Wirtschaftsförderung vereinheitlicht. Davon freilich ist der politische Wille der Mitglieder der Europäischen Union meilenweit entfernt. So bleibt es in erster Linie Sache der einzelnen Regierungen, in ihren Ländern dafür zu sorgen, dass die Chancen von Kindern nicht unter materieller Knappheit vernichtet werden.

Auch in Deutschland ist da noch viel zu tun. Immerhin bleibt festzuhalten: Bildung kostet nichts, wenn Eltern da sind, die an einer Ausbildung ihrer Kinder interessiert sind und die die Kinderförder-Gelder des Staates, vom Kindergeld angefangen, auch entsprechend einsetzen. Hier freilich liegt in den bildungsfernen Schichten unserer Gesellschaft ein sehr großes Problem. Häufig sind es die Eltern, die ein Fortkommen ihrer Kinder behindern oder denen der schulische Erfolg ihres Nachwuchses schlicht egal ist, weil sie ihre eigenen Lebensverhältnisse nicht in den Griff bekommen. Da muss der Staat eingreifen, und hier haben Kitas und schulische Förderung, hier haben Sozialarbeit und effiziente Schulpolitik ihren wichtigen Platz.

Statistik allein also, Armutsdefinitionen und auch Geldtransfers helfen nicht – wenn Erziehung und Familie nicht funktionieren. Das ist noch viel zu oft der Fall. Hier kann helfen, die Eltern auf die Schulbank zu setzen und ihnen klar zu machen, wie sehr es auf sie ankommt. Fortbildung für Eltern als Teil staatlicher sozial- und Bildungspolitik.

Musik als Gegenwelt

Zwei Welten in einer, die Gleichzeitigkeit des Ungleichen: Terror hier, Musik dort. Diese Tage sind nicht nur Tage der Angst und des Schreckens, es sind auch solche der Hochkultur in Deutschland. Zahllose Musikfestivals – es sind mehr als 500 – geben unserem Land ein schönes Sommer-Gesicht, vom Norden mit seinen Konzertreihen in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern bis in den Süden nach Bayern und Baden-Württemberg.

Und in der Mitte Deutschlands, seinem Herzen sozusagen, haben in Bayreuth soeben die jährlichen Wagner-Festspiele begonnen, die unermüdlich und in immer neuen Inszenierungen die letzten zehn Opern Richard Wagners präsentieren. Ein kontinuierliches Faszinosum um einen Komponisten und Schriftsteller, der geniale Musik, Geschichtsmythen, Ideologien von Sieg und Niederlage und eschatologische Fragestellungen um Tod und Verklärung in seinem Werk zu vereinen wusste und der dem nationalbewussten 19. Jahrhundert seine wesentliche musikalische Prägung gab. Wagner geistige Gestalt, fand Thomas Mann, „ist leidend und groß, wie das Jahrhundert, dessen vollkommener Ausdruck sie ist.“

Diesmal begann Bayreuth mit dem „Parsifal“. Das ist, beim deutschesten aller Komponisten, kein schlechter Einstieg. Auch diese Neuinszenierung wird Diskussionen auslösen, optimaler Weise wird es Ärger geben, einen kleinen Skandal unter skandalfreudigen Journalisten vielleicht, wie immer, das gehört zu Bayreuth wie die harten Theatersitze. Parsifal aber ist ein Mensch auf der Suche nach einem erlösten Leben, ein religiöses Sujet also, eine weihevolle Sache, wie so oft bei Wagner. Dieses Lebens-Libretto ist immer aktuell, seit 140 Jahren nun, in denen es die Bayreuther Festspiele gibt, und Religionsfragen sind es auch, die die Spannungen dieser Tage nähren.

Bayreuth wie auch alle anderen Festspiele in Deutschland melden ausverkaufte Säle und Parks, die Menschen kommen in Strömen. Sie lassen sich nicht unterkriegen, von ihren Ängsten nicht und auch nicht von den Sicherheitsmaßnahmen, die überall erhöht sind. Denn das Leben geht weiter. Musik gibt ihm einen Sinn, sie spricht die Seelen der Menschen an, sie baut ein Gegenüber zur beladenen realen Welt, eröffnet eine zusätzliche Dimension der Existenz, vielleicht auch eine Ahnung vom Jenseits, auf die schon Herbert von Karajan hoffte: „Im Himmel ist nur Musik.“

Und der Philosoph Theodor W. Adorno, ein begnadeter Musiktheoretiker, notierte: „Das Tröstliche der großen Kunstwerke liegt weniger in dem, was sie aussprechen, als darin, dass es ihnen gelang, sich dem Dasein abzutrotzen.“ Und, möchte man ergänzen: Tröstlich ist auch, dass so viele Menschen in unserem Lande das zu schätzen wissen.

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