Vor drei Jahren noch regierte in Hamburg der Wutbürger: Hätte man eine Volksabstimmung veranstaltet – ein in Hamburg beliebtes Instrument zum Sieg organisierten Minderheitenzorns über die Vernunft – wäre die Elbphilharmonie wohl abgerissen worden. Olaf Scholz, der kluge Erste Bürgermeister der Stadt, hat das durch einen mutigen Kompromiss mit dem Baukonzern Hochtief 2012 verhindert. Das ist sein bisher größter Erfolg.
Denn die Eröffnung der Elbphilharmonie, jenes spektakuläre Haus der Musik in der Hamburger Speicherstadt, ist ein weltweites Ereignis. Die Architekten Herzog & de Meuron haben ein neues Wahrzeichen geschaffen, einen Welttempel der Musik, der die Ikonografie der Hansestadt und Deutschlands dauerhaft bestimmen wird. Aber dieser 11. Januar 2017 markiert nicht nur das Ende einer dramatischen Baugeschichte, in deren Verlauf die Baukosten von 186 auf insgesamt beinahe 860 Millionen stiegen, abzüglich der Spenden bleiben 789 Millionen übrig. Er ist vor allem ein Sieg kühner Zukunftsperspektiven über kleinkariertes Etatistendenken, das über das jeweilige Budgetjahr kaum hinausreicht.
Hamburg gewinnt vielfach. Zum ersten ist Hamburg nun eine der bedeutendsten Musikstädte der Welt. Die besten Musiker der Welt drängen in die Elbphilharmonie, kein Name fehlt, die berühmtesten Orchester der Welt haben ihr Kommen angesagt. Nicht nur Klassik bestimmt dabei das Programm, auch Jazz und Rock und Pop werden hier zu hören sein. Kinder-, Jugend- und Schülerkonzerte gehören ebenso zum Konzept wie Workshops und Mitmachorchester. Die vier professionellen Orchester der Stadt und auch die Oper sind auf dem Weg zur Weltspitze – das NDR Elbphilharmonie Orchester unter Thomas Hengelbrock, das Philharmonische Orchester der Staatsoper unter Kent Nagano, die Hamburger Sinfoniker unter Jeffrey Tate sowie das Ensemble Resonanz. Das ist ein sagengafter Aufstieg in die kulturelle Weltelite, den man der Stadt der Kaufleute niemals zugetraut hätte.
Aber genau hier, im Ökonomischen, liegt der zweite große Gewinn der Hansestadt. Für diese Saison sind alle Karten vergeben, auch die Saison 2017/2018 wird rasch ausverkauft sein. An Nachfrage fehlt es nicht: Der Elbphilharmonie wegen werden die Menschen zu Hunderttausenden nach Hamburg strömen, die New York Times hat ihretwegen Hamburg zu einem der Ziele des Jahres 2017 ausgerufen, die man unbedingt besuchen sollte. Am Kreuzfahrtterminal in direkter Nachbarschaft werden dieses Jahr 200 Kreuzfahrtschiffe anlegen mit 800 000 Passagieren an Bord, sie alle suchen Landprogramm – nur wenige Glückliche werden da ein Konzertticket in der Elbphilharmonie ergattern. Die Hotels spüren den Buchungszuwachs schon jetzt, die Beschäftigtenzahlen der Branche werden steigen wie die Steuerreinnahmen auch. Schon jetzt ist klar: Die Elbphilharmonie wird sich rasch refinanzieren, es wäre auch ökonomisch ein Verlust, sie nicht gebaut zu haben.